06-2022 Wie kommt der Nachwuchs aus der Corona-Talsohle? LAUDATIO: ZUM ABSCHIED VON RALF HOLTMEYER TITELKAMPF: DM KLEINBOOT IN KREFELD PROJEKT: RUDERN IN ZIMBABWE

VORWORT 3 BETEILIGEN SIE SICH Sie und Ihr Club können dabei sein! ● Sie haben eine besondere Wander- fahrt erlebt? ● Sie haben tolle Fotos von Ihrem Ruder- revier oder ein besonderes Ruderbild? ● Sie haben eine Frage an einen unserer Experten? ● Sie wollen Ihren Club in unserem Fragebogen vorstellen? ● Sie möchten Stellung beziehen zu einem unserer Artikel? ● Sie möchten über ein ganz besonderes Ereignis aus Ihrem Club berichten? Dann senden Sie Ihren Bericht und Ihre Bilder an: Redaktion rudersport Mail: redaktion@rudersport-magazin.de Wir freuen uns über Ihre Mitarbeit. Mit dem Einsenden Ihres Beitrages (Texte, Bilder) räumen Sie uns unentgeltlich das Recht ein, den Beitrag redaktionell zu be- arbeiten und im Magazin rudersport und auf rudersport-magazin.de als Leser- beitrag unter Nennung Ihres Namens zu veröffentlichen. Gern können Sie als Hilfe- stellung unser allgemeines Merkblatt für Leserbeiträge anfordern. anderswo oder gar nicht aktiv waren. In un- serem „Jugend-Spezial“ ab Seite 45 haben wir einige Beispiele aufgeführt. Um an den Anfang zurückzukehren, bleibt festzuhalten: „Es“ ist eben nicht vor- bei. Der unselige Krieg in der Ukraine mag es in der öffentlichen Wahrnehmung ein we- nig überdecken, aber immer noch erkranken Menschen, auch junge, fitte Leistungssportler und Ruderer, teils schwer an Corona. Man- che kämpfen in der Folge mit Long-Covid. Sie erfahren, dass so eine Infektion auf kei- nen Fall auf die leichte Schulter zu nehmen ist und zu frühes „Hochfahren“ der Trai- ningsintensität schwere gesundheitliche Kon- sequenzen haben kann. Damit sind gerade Leistungssportler meist mehrere Wochen raus aus dem Training, die Saisonplanung wird eine Neue. Dies erlebt als ein Beispiel von vielen gerade der Frankfurter Skuller Marc Weber. Wir müssen weiter mit dieser Krankheit leben und hoffen auf einen „milden Herbst“. Wir haben aber mittlerweile immerhin ge- lernt, damit umzugehen, auch im Ruder- sport. Die Gesundheit bleibt das höchs- te Gut. Um diese zu erhalten, ist vor dem Hintergrund der Pandemie Panik weiterhin übertrieben, aber Vorsicht bleibt ein guter Ratgeber. BERT LANGBEHN Es ist nicht vorbei G efühlt ist es vorbei. Die weitgehenden Lockerun- gen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Coro- na-Pandemie vermitteln das Gefühl, dass es aus- gestanden sei. Freilich sinken die Fallzahlen, wobei die Aussagekraft dieser Zahlen von Beginn an zumindest diskutabel waren und nun umso mehr, da ja gar nicht mehr nach- vollziehbar ist, wer sich testet und wie jeder einzelne etwa mit einem positiven Ergebnis umgeht. Fakt ist, dass die Beschränkungen für das Zusammensein von Menschen in den ver- gangenen Jahren weitreichende Folgen ha- ben. Unter anderem im Vereinsleben, im Vereinssport und besonders auch im Ju- gendsport. Auch der Schüler- und Jugendru- dersport hat gelitten und leidet immer noch unter den Folgen der Maßnahmen über zwei Jahre. In manchen Vereinen ist das Ju- gendrudern zum Erliegen gekommen und auch das Schulrudern hat große Proble- me, da die Schulen teils noch strengeren Reglementierungen unterlagen wie der Ver- einssport. Dennoch haben vielerorts Verantwortliche im Schulterschluss mit Schülern und Jugend- lichen aus der Not eine Tugend gemacht und versucht, wenn häufig auch auf kleiner Flam- me, ihren Sport aufrechtzuerhalten und wie- derzuerwecken. Daraus sind neue Formate, wie etwa Online-Challenges entstanden, die womöglich über die Pandemie hinaus Be- stand haben werden. Positiver Nebeneffekt: Durch die zunächst individuelle Teilnahme von zu Hause aus ist Rudern plötzlich für Sportler interessant geworden, die bislang

TRAINING & AUSRÜSTUNG So hebeln Sie richtig rudersport-Experte Marc Swienty erklärt die richtigen Einstellungen der Hebel am Ruderboot Kleider machen Leute Der rudersport zeigt auf diesen Seiten, wie der Renn-, aber auch der Wanderruderer sich am besten kleidet 22 26 REGATTA & WETTKAMPF INDOOR ROWING & FITNESS Erste Titel 6 Bei der Deutschen Kleinbootmeisterschaft in Krefeld ging es um erste Titel der Saison und die Rollsitze im Deutschland-Achter Hoffnungsträger Jonas Gelsen macht im Einer nicht erst in Krefeld auf sich aufmerksam – der ruder- sport hat mit ihm gesprochen Internationale Junioren Regatta Auf der Olympia-Anlage in Oberschleiß- heim trafen sich die Junioren zum internationalen Kräftemessen 10 12 RUDERHELDEN & HISTORIE Laudatio für eine Legende Ralf Holtmeyer hat den Rudersport geprägt, wie kaum ein anderer vor ihm – Wolfgang Maennig würdigt ihn 14 Vorwort: Es ist nicht vorbei Impressum Fragebogen: Hamburger Ruderinnen-Club Vorschau Heft 7 3 4 66 67 ) 1 ( t a v i r p ; ) 2 ( b y e S . D : s o t o F INHALT 5 Rudern in Afrika Marit Johannsen (RC Grenzach) hat ein Praxis-Jahr in Zimbabwe absolviert und be- richtet über ihre Eindrücke 40 SCHUL- UND JUGENDRUDERN Rück- und Ausblick 46 Peter Tholl über Aktivitäten während und nach dem Ende der Pandemie-Maßnahmen Warum rudern wir? Thomas Kosinski fragte bei Schülern beim RC Alemannia Hamburg nach Aus der Not geboren Online-Ergo-Challenge avanciert zum erfolgreichen Format Rudern und Mathematik Larissa Vent über den Zusammenhang von Leistungssport und Schulerfolg 52 54 56 Bundeswettbewerb 58 Der Nachwuchs startet erstmals in Bremen und erstmals wieder über drei Tage Diversity-Workshops 59 Wie die Deutsche Ruderjugend die queere Gemeinschaft stärken will WANDERRUDERN & REISEN Die Lahn hat viel zu bieten Der Fluss hat sich sein Gesicht auf 148 Kilometern zwischen der Mündung und der Badenburg nördlich von Marburg erhalten 60 Ergänzungstraining mit der Ruderei 30 Die „Ruderei“ rückt Ergo-Training als Ergänzung in den Fokus – dazu gibt‘s ganzjährig Wettkämpfe 1000-km-Wahnsinn Michael Schatt und Thomas Fuß ruderten auf dem Ergo eine Strecke, die die meisten nie zu Fuß gehen würden 32 VEREINE & VERBÄNDE 35 Vereinsszene Ehemalige Wettkampfrichter des DRV trafen sich zum Kegeln und Bosseln; Gunter Artmann über seine aktive Zeit in den 60er-Jahren beim RKV Bad Kreuznach; Marie Markhoff („Die Sprache der Athle- ten“) war zum Gespräch beim DRV; 20 Achter bei der Dove-Elbe-Rallye; Bucht-Tipp: Gabi Schenkel über ihren So- lo-Ritt über den Atlantik; In Düsseldorf startet wieder die Regatta „Düsseldorf am Ruder“ Bootsleute in der Haftungsfalle Günter Bach fordert mehr Rechtssicherheit für Bootsobleute 38 Titelbild: Wie bewältigen Schüler und Jugendliche die Pandemie? Foto: Peter Tholl rudersport | 06-2022

Wir sind hier im Abstand zur Weltbestzeit schon etwas näher rangerückt. - Bundestrainerin Brigitte Bielig Zweier ohne, Frauen Im Frauen-Riemenbereich fruchtet laut Bundestrainerin Bie- lig bereits die neu angeschobene Zusammenarbeit der Trainer. „Wir sind hier im Abstand zur Weltbestzeit schon etwas näher rangerückt“, so Bielig. Alyssa Meyer und Melanie Göldner (RC Te- gel 1886/RC Potsdam) bestätigten in Krefeld mit einem Start-Ziel- Sieg ihr Ergebnis aus Leipzig, wo sie erst zum ersten Mal zusam- men ruderten. Hinter ihnen kamen Lena Sarassa und Hannah Reif (Crefelder RC/RK am Wannsee) mit einem fulminanten Endspurt noch auf Rang zwei vor Lena Osterkamp und Marie-Cathérine Arnold (Deutscher RC/Hannoverscher RC), die Silber schon im Blick hatten. Einer Frauen: Föster top Im Frauen-Einer kehrte sich die Leipziger Rangfolge um. Bis kurz vor dem Ziel führte sogar die erst 19-jährige Aurelia-Maxima Katharina Janzen (Rostocker RC v. 1885) vor der auch erst 20-jäh- rigen Alexandra Föster und Leipzig-Siegerin Pia Greiten. Doch Janzen touchierte die Bojenkette und machte den Weg unfreiwil- 7 lig für Lokalmatadorin Föster (RC Meschede) frei, die ihren ers- ten Deutschen Meistertitel bejubelte: „Das war mein Traumziel und die Grundlage für die Saison“. Und das i-Tüpfelchen: Erst- mals wurde auch einer Frau eine Meisterkette umgehängt. Brigit- te Bielig ist von ihr überzeugt: „Sie wird die Weltcups für den DRV bestreiten“. Damit ist Föster das weibliche Pendant zum unum- strittenen Oliver Zeidler im Männer-Einer. Routinier Zeidler vor Youngster Gelsen Zeidler (Frankfurter RG Germania) hatte wenig Mühe auf dem Weg zur Meisterkette. Nach 750 Metern hatte er das Rennen bereits im Blick und fuhr es souverän nach Hause. Interessant ist der junge Mann auf dem Silberrang: Jonas Gelsen (20 Jahre, Ru- der-Club Nassovia Höchst 1881 e.V.) machte es durchaus namhaf- ter Konkurrenz schwer und empfahl sich für einen Platz in einem der Nationalmannschaftsboote. Bronze sicherte sich Marc Weber (Rudern und Sport Steinmühle). „Ich werde im nacholympischen Jahr ein wenig Dampf rausnehmen, fahre aber auf jeden Fall den Weltcup in Poznan, denn dort findet im nächsten Jahr die Olym- pia-Qualifikation statt und natürlich Luzern“, gab Zeidler Aus- kunft über seine weitere Saisonplanung. Die Claudia Pechstein des Rudersports … Im Leichten Frauen-Einer muss sich die Konkurrenz ähnlich wie im Eisschnelllauf der Damen fragen lassen, warum sie an der bereits 41-jährigen Marie-Louise Dräger (Schweriner RG) nicht vorbeikommt, ohne freilich deren Leistung schmälern zu wollen. Dräger baute ihre Titelsammlung weiter aus. „Ich musste mich al- lerdings im Finale etwas mehr wehren“, gestand sie im Ziel. Platz zwei ging an Sophie Themlitz (Frankfurter RG Germania) vor Jo- hanna Reichardt (Akademischer RC Würzburg). Im leichten Einer der Männer siegte Joachim Agne (27/Aka- demischer RC Würzburg), der nur eine Sekunde vor dem jun- gen Finn Wolter (RC Witten) ins Ziel fuhr. Bronze ging an Paul Ruhe vor dem Start: Die Startanlage am Ende des Elfrather Sees. rudersport | 06-2022

destrainer Marc Stallberg ist nun gespannt, „wie es bei der Internationalen Regatta in Ga- virate ausgeht“. REGATTA & WETTKAMPF 9 Bei den Männern ruderte Markus Klemp im PR 1 ohne Konkurrenz gegen Paul Um- bach (Ruderclub Nürtingen) im PR 2, der im ersten Lauf überraschte und im Endspurt an Klemp vorbeizog. Im PR 2 Mix fielen Marc Lembeck und Juliane Bendroff (Hallsche Böllberg/Nelson/RTHC RV Bayer Leverkusen) krank- heitsbedingt im Finale aus. Es siegten Jan Helmich und Susanne Lackner (RC Hansa Dortmund/Mannheimer RV Amicitia) deutlich vor Miriam Federle und Dominik Siemen- roth (beide RTHC Bayer Leverkusen). Analyse: Pia Greiten (links) und Alexandra Föster auf dem Siegersteg nach dem Finale. Junioren: Lutz und Conrad siegen im Einer Im spannenden Finale des Juniorinnen-Einer setzte sich Pau- la Lutz (Mannheimer RC von 1875) nach starkem Endspurt knapp vor Charlotte Luster (Hallesche-Ruder-Vereinigung Böllberg) und Helena Brenke (Karlsruher RV Wiking) durch. Bei den Ju- nioren gewann Cornelius Conrad (Dresdner RV) vor Ole Hanack (Hanauer RC Hassia) und Jakob Geyer (Berliner RC). Im Juniorinnen-Doppelzweier gewann Paula Lutz mit He- lena Brenke (Karlsruher RV Wiking) mit einem Start-Ziel-Sieg vor Sandrine Bartos und Rebekka Falkenberg (LRV Mecklen- burg-Vorpommern/SC Magdeburg) sowie Charlotte Luster und Julia Irmler (Böllberg u. Nelson/RC Witten). Bei den jungen Männern waren Ole Hanack und Jakob Greyer (Hanauer RC Has- sia/Berliner RC) nicht zu schlagen. Nick Hänsler und Leonhard Tanneberg (LRV Mecklenburg-Vorpommern/Lübecker RK) und Conrad Cornelius/Matthias Parlow (Dresdner RC/Crefelder RC) folgten auf den Plätzen. Erster Nationaler Vergleich der jungen Riemer Im Juniorinnen Zweier ohne gewannen beim ersten natio- nalen Vergleich des Jahres der Regionalgruppen Stella Kreft und Janina Kröber (SC Magdeburg) knapp vor Tjorven Schneider und Maya Grün (RV Münster/RK am Baldeneysee). Dritte wur- den Florentina Riffel und Viola Heidacher (RC Potsdam/Halle- sche-Rvg. Böllberg u. Nelson). Bei den Junioren kamen die ersten vier Boote innerhalb von drei Sekunden ins Ziel. Am schnellsten waren Linus Klein und Jasper Schulz (Offenbacher RG Undine/Gießener R.G), Zweite wurden Carl Sgonina und Paul Stern (beide Dresdner RC), Rang drei sicherten sich Aaron Fuchs und Lars Veckenstedt (beide Ber- liner RC). Im Vierer ohne der Juniorinnen siegte das Quartett um Viola Heidacher, Florentina Riffel, Alina Krüger und Emma Komorow- ski deutlich (Hallesche-Rvg. Böllberg u. Nelson/RC Potsdam/Rvg. Kappeln im Turn- und SV Kappeln/Ratzeburger RC). Auf den zweiten Rang ruderten Fjorven Schneider, Maya Grün, Sara Grau- er und Fleur Wohlschläger (RV Münster/RK am Baldeneysee/Os- nabrücker RV), Dritte wurden Stella Kraft, Janina Kröber, Frida Dettmann und Nike Versace (SC Magdeburg/RG HANSA e.V.). Ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten sich die ersten drei Boote des Junioren-Vierer ohne. Am Ende hatten Jonas Wollrab, Viktor Schönwardt, Linus Klein, Jasper Schulz ihren Bugball (Frankfur- ter RG Germania/Gießener R.G./Offenbacher RG Undine) knapp vorne. Sieben Zehntel dahinter kamen David Erfanian, Jonas Schleef, David Wiezcorek und Emmanuel Wiezcorek (Deutscher RC/RV Münster) als Zweite ins Ziel, auf Rang drei ruderten Gustav Kämmer, Yannik Sens, Hanno Wetjen und Leonardo Rosenquist (RK am Wannsee/RC Favorite Hammonia/RC Allemannia). Juni- oren-Bundestrainer Adrian Bretting war mit dem Gesamtauftritt zufrieden. „Wir haben in allen vier Bootsklassen recht enge Finals gesehen, was zeigt, dass da für die Saison noch nichts entschieden ist. Es gibt keine Bootsklasse, wo wir jetzt Bauchschmerzen ha- ben“, bilanziert Bundestrainer Adrian Bretting. Kritik gab es bei aller Freude über den Wegfall der Kontakt- beschränkungen, dass die Veranstalter eine Maßnahme, die von Januar datierte, aufrecht erhielten, wonach die Leichtgewichte nur einmal vor den Wettkämpfen verwogen wurden. Das kann be- kanntlich durch Gewichtszunahme zur Wettbewerbsverzerrung führen. Bundestrainerin Bielig wollte da nicht das große Fass auf- machen: „Ich will da mal niemandem etwas unterstellen“, sagte sie dazu. Unglücklich war diese Regelung allemal. BERT LANGBEHN rudersport | 06-2022

REGATTA & WETTKAMPF 11 Nachwuchs: Jonas Gelsen beeindruckte die Beobachter auch auf der 2000-Me- ter-Distanz. ter); über 25 nationale Titel im U19/U23 Bereich in fast allen Bootsklassen und (als es diese noch gab) beim Deutschen Meisterschaftsrudern. BERUF: Seit 1998 Studienrat an einem Frankfurter Gymnasium. Zur Zeit wegen des Ruderns freigestellt. Coach: Wo er die Zeit nimmt, stellt sich Erfolg ein. RALF HOLLMANN VEREINE: Verdener Ruderverein, ETUF Essen, Gießener Rudergesell- schaft, FRG Germania Frankfurt TRAINER: seit 1993 in Verden, 1995 – 2005 Gießener RG, seit 2005 Frankfurter RG Germania und Hessischer Ruderverband ERFOLGE ALS AKTIVER: U 23-Meister und Medaillengewinner bei Jahrgangsmeister- schaften ERFOLGE ALS TRAINER: 17-mal mit eigenen Mannschaften bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen; Marcel Hacker im Olympia-Finale 2012, Jonathan Koch (Weltmeister, 3 x bei Olympia dabei), Leonie Pless und Katrin Thoma (WM-Medaillengewinnerin- nen), Paul Dienstbach (Weltmeister 2002 im Vierer ohne), Nico Merget/Lukas Duhnkrak (U 23 Weltmeister 2015), Jo- hannes Ursprung, Sven Kessler, Jonas Kilthau (alle Weltmeis- zwang die Studierenden in den „Home-Hörsaal“. Da Jonas Gelsen in Darmstadt seine Seminare besucht, fiel der Fahrtweg und die Präsenzpflicht weg und er konnte sich intensiver dem Rudertrai- ning widmen. „Ich sehe den Erfolg von Jonas auch im Kontext mit der Schwä- che der Nachfolgenden“, ordnet Trainer Hollmann den guten zwei- ten Platz von Krefeld ein. Der Abstand des Dritten und Vierten sei einfach zu groß gewesen. Hollmann bescheinigt seinem Schützling allerdings sehr gute Voraussetzungen für die Zukunft: „Er hat sehr gute Hebel, lange Arme und Beine sowie ein sehr gutes Bootsgefühl, etwas, was man nicht lernen kann“. An der Physis müsse er freilich arbeiten, aber in der Zeit, die Jonas bei Hollmann trainiert, hat er seine Ergo-Leistung bereits von 6:08 auf 5:53 Minuten gesteigert. „Ziel ist es, unter 5:50 zu kommen, da ist noch nicht alles ausge- reizt“, sagt Hollmann. Auch Bundestrainerin Brigitte Bielig sieht das große Potenzial: „Er hat eine super Entwicklung gemacht, aber ruderisch hat er noch Reserven, er geht derzeit noch etwas unbedarft in die Rennen.“ Den- noch sagt Bielig dem großen Talent noch interessante Jahre voraus. Durch den krankheitsbedingten Ausfall von Marc Weber will Jonas Gelsen sich nun auf die U23 konzentrieren und bei der WM nach Platz vier im vergangenen Jahr nun die Medaillenränge anvi- sieren. Bislang, so scheint es, hat Jonas Gelsen nicht nur die Coro- na-Pandemie für seine steile Entwicklung genutzt, sondern auch den nacholympischen Umbruch im deutschen Skullbereich. Von Oliver Zeidler ist er, vor allem von der Physis her, noch meilenweit entfernt, aber der Rest der Konkurrenz fährt aktuell ebenso weit hinter ihm. Es wird spannend sein, zu sehen, wie weit der Weg ihn in diesem und den kommenden Jahren noch bringen wird. BERT LANGBEHN rudersport | 06-2022

REGATTA & WETTKAMPF 13 beim Meldeergebnis gab es in der Altersklasse B. Oliver Bettzie- che führt dies auf die Coronajahre zurück, U19-Bundestrainer Ad- rian Bretting gibt zu bedenken, dass viele Vereine und Verbände aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg den kür- zeren Weg zur Parallelveranstaltung in Bremen gewählt hatten. Bundestrainer Bretting hat in München in allen U19-Bereichen (männlich, weiblich, Riemen und Skull) gute Leistungen gesehen. Er nennt in der Altersklasse A den Junior-Doppelvierer, der sich gegen das tschechische Team gut behauptet hat und nur knapp geschlagen Zweiter wurde, ebenso Cornelius Conrad (Dresdner Ruder-Club), der im A-Einer Zweiter hinter dem britischen Boot wurde, oder der Zweier ohne mit Vinzent Kuhn/Kieran Holthues (RV Münster), die im Finale die Briten deutlich in Schach hielten. „So wie in allen Bereichen Gutes zu sehen war, ist auch in allen Bereichen noch Luft nach oben, da müssen wir zusammenstehen und Einzelinteressen zurückschrauben“, ordnet Adrian Bretting BERT LANGBEHN den sportlichen Wert von München ein. Gut behauptet: Der Junioren-A-Doppelvierer unterlag dem starken Team aus Tschechien nur knapp. Siegerinnen: Im Juniorinnen A-Doppelvierer gewannen v. li. Marlene Schollmeyer (RU Arkona Berlin), Lea Berkemeyer (RC Hansa Dortmund), Paula Lutz (Mannheimer RC) und Julia Irmler (RC Witten). Grund zum Jubeln: Der U19-Achter der Ukraine mit Marc Hildebrandt (links), Vorsitzender der Deutschen Ruderjugend. EXTRA GROSSE NOTFALLÖFFNUNG (15 cm) SCHNELL- VERSCHLUSS BOA®FIT SYSTEM FÜR NOCH BESSERE PASSFORM ATMUNGSAKTIVES OBERMATERIAL HF-VERSCHWEISSTE KLETTLASCHE Der Hochleistungs- Ruderschuh, den Weltmeister rudern ... passend für alle Rennruderboote! von www.dibirowingshoes.de KOMFORT · LANGLEBIGKEIT SICHERHEIT · PRÄZISION NYLONSOHLE Jetzt Produktvideo hier ansehen! SAARROWING Karsten Bach e.K. SAARROWING Karsten Bach e.K. Birkenstraße 17 · D-66119 Saarbrücken rudersport | 06-2022 Mail info@saarrowing.de Web www.saarrowing.de Telefon +49 (0) 681 95928235 Mobil +49 (0) 174 3176970

15 ner Erfolge bilden das einzigartige Lebenswerk dieses Ausnah- metrainers. Der deutsche (Ruder)Sport – nicht nur der deutsche – verneigt sich vor einem Achter-Trainer, dessen Erfolge in Menge und Dauer unübertroffen und einmalig in der Welt sind. Sein Ausscheiden aus den Diensten des Deutschen Ruder- verbandes zum Jahresende 2021 ist ein historischer Moment. Es ist der Moment des Abschiedes von einer glorreichen Epoche, von der es fast unwahrscheinlich ist, dass sie in absehbarer Zeit wiederholt werden kann. Es ist für den deutschen Sport, den Deutschen Ruderverband, seine Vereine und seine Athleten eine einzigartige Situation, in welcher dem Jahrhundert-Trainer Ralf Holtmeyer Dank und tiefer Respekt auszudrücken sind. Alles begann als Schultrainer in Osnabrück Die Erfolgsgeschichte von Ralf Holtmeyer beginnt vor seiner Tätigkeit als Trainer des Deutschen Ruderverbandes: Nach ei- ner kurzen, nicht von überragenden Erfolgen gekennzeichneten Phase als Ruderer war er zunächst Schultrainer am Osnabrücker Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium, dann im Osnabrücker Ruder- verein (ORV). Hier begann sein kometenhafter Aufstieg, wobei nur wenige Erfolgsstationen genannt werden können: 1978 führte er den Vierer ohne Steuermann des ORV zum Jugendmeister und Juniorenweltmeister; 1979 zum Eichkranzsieger und Senior-B Championatssieger. 1980 setzte sich der von Ralf Holtmeyer trai- nierte ORV-Vereins-Achter, bestehend aus Athleten, die gerade der Junior-Klasse entwachsen waren, bei der Olympia-Qualifi- kationsregatta durch. Ein Husarenstück, mit dem Ralf Holtmeyer die damals etablierten Athleten und Trainer der Spitzenkader düpierte. Und die Erfolgsserie in Osnabrück ging weiter, bis 1984, wo er mit den Osnabrücker Zweier-Ruderern Thomas Möllen- kamp und Axel Wöstmann bei den Olympischen Spielen in Los Angeles den vierten Platz belegte. des Vereinsruderns unter geeigneten Rahmenbedingungen. Er hat bewiesen, dass in Deutschland (nur) die Vereine die olympi- schen Athleten hervorbringen können. Und dass herausragende Trainer in den Vereinen wachsen, und letztlich nur in den Verei- nen wachsen können. Revolution kurz nach Ende der Karl-Adam-Ära Bei der Erklärung des langanhaltenden Erfolges von Ralf Holt- meyer ist seine trainingstechnische Innovation Ende der siebziger Jahre, also nur kurze Zeit nach dem Ende der Ära von Karl Adam, wichtig. Ralf Holtmeyer wagte etwas damals Unerhörtes: Eine Art Konter-Revolution in der Trainingsmethodik, an die er schon als junger Mann mit viel Nachdenken ranging. Er wagte die Weiter- entwicklung des Intervall-Trainings von Karl Adam, und suchte nach einer Balance zum super-extensiven Ausdauertraining der damals dominierenden DDR. Dieses war nach seiner Ansicht über- trieben, ineffizient und für Athleten im Westen ungeeignet, die gleichzeitig einer Berufsausbildung nachgehen mussten. Er entwickelte das „Holtmeyer-Konzept“ – ein geschwindig- keitsorientiertes Ausdauertraining. Er formulierte die Erkennt- nis, dass die Grundgeschwindigkeit, also die Geschwindigkeit beim Ausdauertraining, ein guter Maßstab für die erreichbare Renn-Geschwindigkeit ist, weshalb auch beim Ausdauertraining permanent Zwischenzeiten genommen werden. Das war innova- tiv: In der Zeit des Intervalltrainings von Karl Adam wurde auf das Tempo ausschließlich während der Vollbelastung geachtet; in den Pausen war das Tempo irrelevant. In der DDR wurde Aus- dauer extensiv trainiert, aber die geruderten Zeiten spielten eine kleinere Rolle. Ruderer, die das DDR-Training erlebt hatten, wun- derten sich über die vergleichsweise geringeren Trainingsumfän- ge bei Ralf Holtmeyer, aber auch über die deutlich höheren Ge- schwindigkeiten beim Ausdauertraining. Seine Zeit beim ORV ist Beispiel dafür, was Vereine leisten können; Ralf Holtmeyer ist der Inbegriff der Leistungsfähigkeit Aus dem Erkenntniszusammenhang zwischen Renn- und Ausdauertempo machte Ralf Holtmeyer die innovative Trainings- Im Boot: Wolfgang Maennig (Platz 7) im von Ralf Holtmeyer trainierten Deutschland-Achter, der 1988 Gold in Seoul gewann. rudersport | 06-2022

RUDERHELDEN & HISTORIE 17 In die Pedale: Die Trainer überreichten als Abschieds- geschenk ein Fahrrad. gometer festgelegt, und von den Athleten, welche diese Leistung schafften, sollten prinzipiell die vier schnellsten Zweier den Ach- ter bilden. Mit der Mindestleistung auf dem Ruderergometer wur- de die erforderliche körperliche Leistungsfähigkeit sichergestellt; mit der Fähigkeit, einen schnellen Zweier ohne Steuermann – ei- ner der wohl schwierigsten Bootsgattungen – zu fahren, wurden rhythmische und technische Fähigkeiten gewährleistet. Das System hatte den Vorteil einer hohen Transparenz der Entscheidung, aber wie jedes System hat auch dieses seine Gren- zen: Zum Beispiel konnten gute Ruderer benachteiligt werden, die keinen geeigneten Zweier-Partner fanden. Teilweise hat er das Zweier-System etwas flexibilisiert, und hat Intuition und Gefühl mehr Raum gegeben. Das Zweier-System führte zu einer Neuerung, auch gegenüber seiner Osnabrücker Zeit: Das System erlaubte Neuzugänge, for- derte aber auch, dass langjährige verdiente Mannschaftsmitglie- der gegebenenfalls ausscheiden mussten, ohne Rücksicht auf ihr Ansehen oder frühere Leistungen. Diese Offenheit und Flexibili- tät bei Mannschafts-Besetzungen war ein damals eher ungewöhn- liches Vorgehen, und zumindest für die damaligen DRV-Verhält- nisse eine Innovation. Holtmeyer denkt nicht in Ruder-Stilen einem anderen seiner Erfolgsgeheimnisse entgegenstehen würde. Er denkt nicht in Ruder-Stilen, sondern das Denken in zwei an- deren Hauptkategorien ist Holtmeyer-Stil: Geschwindigkeit und Dynamik. Er denkt in Kräften und deren optimaler Entfaltung; „Stil“ oder „Schönheit“ sind für ihn das Ergebnis, aber weder Me- thode noch explizites Ziel. Eine bewusste unterordnende Gestal- tung der Körperbewegungen könnte seinen Prinzipien von Dyna- mik und Geschwindigkeit entgegenstehen. Sein Ansatz ist eher intuitiv als biomechanisch geprägt; er kennt kein Stil-Paradigma. Sein Leitbild ist das Boot, das den Wasserwiderstand optimal überwindet. Er hat dabei einen unvergleichbaren Spürsinn entwi- ckelt, wie die Gesamtheit von Mannschaft und Boot zu optimie- ren ist und wie sich die Kräfte der Mannschaftsmitglieder besser entwickeln sollten, damit das Boot schneller wird. Die optimale Anpassung kann vom Bootsmaterial abhängen, welches sich wie erwähnt über die Dekaden geändert hat. Und natürlich hängt die richtige Dynamik auch von den Athletentypen ab. Der optimale Ruderstil der Mannschaft hinter Schlagmann Bahne Rabe von 1988 war ein anderer als der Mannschaft hinter Roland Baar von 1989-1996, und er war wieder ein anderer bei den Teams hinter beispielsweise Lenka Wech, Sebastian Schmidt, Kristof Wilke und Hannes Ocik. Schlagleute als Führungspersönlichkeit Gibt es auch einen Holtmeyer-Stil, so wie es etwa den Brietz- ke-Stil der extremen Auslage in der DDR gab? Nein, es gibt nicht „den“ offensichtlichen Holtmeyer-Stil, weil genau dieses, ein fes- ter Stil, ein bewusstes Pressen in eine bestimmte Ruderbewegung Von zentraler Rolle war für Ralf Holtmeyer wie bei anderen Trainern zum einen der/die Schlagmann/frau als Führungsper- sönlichkeit. Vielleicht anders als bei anderen Trainern spielten Premium Ruderboote für Ihr Budget. www.falcon-rowing.de Tel: 01573.7980.312 Wir sind da: World Rowing Masters Regatta - Libourne rudersport | 06-2022

DIE ERFOLGSBILANZ TRAINER (1988 - 2016) • Olympische Spiele • M8+ (1988, 2012) • M8+ (1996, 2016) • 2x Gold • 2x Silber • 2x Bronze • M8+ (1992) • W2-(2008) TRAINER (1988 - 2016) • Weltmeisterschaften • 23 Medaillen (9x Gold, 9x Silber, 5x Bronze) Gold 0 0 0 0 Silber 1(2007) 1 (1994) 0 2 (2005, 2007) Bronze 1 (2006) 0 1 (2010) 1 (2003) RUDERHELDEN & HISTORIE 19 BUNDESTRAINER (2017-2021) • Weltmeisterschaften • 13 Medaillen (7x Gold, 1x Silber, 5x Bronze) Gold 1 (2019) 1 (2019) 1 (2018) 0 0 0 0 0 1 (2018) 0 3 (2017, 2018, 2019) M1x LW1x LM1x M2+ LW2- LM2x LM4- LW4x LM4x W4x M8+ Silber Bronze 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 (2018) 0 0 0 0 1 (2017) 1 (2019) 1 (2019) 1 (2017) 1 (2019) 0 0 0 W2- M2- M2+ W4- W8+ M8+ 1 (2003) 1 (2006) 2 (2001, 2002) 8 (1989, 1990, 1991, 1993, 1995,2009, 2010 2011) 4 (1998, 2013, 2014, 2015) 0 BUNDESTRAINER (2017-2021) • Europameisterschaften • 20 Medaillen (10x Gold, 7x Silber, 3x Bronze) TRAINER (1988 - 2016) • Europameisterschaften • 7 Medaillen (6x Gold, 1x Silber) W2- W8+ M8+ Gold 1 (2007) 0 5 (2010, 2013, 2014, 2015, 2016) Silber 0 1 (2007) 0 Bronze 0 0 0 BUNDESTRAINER (2017-2021) • Olympische Spiele • 2x Silber 2021 (LM2x, M8+) Gold 2 (2019, 2021) 0 0 1 (2019) 1 (2019) 0 0 2 (2017, 2019) 0 0 4 (2017, 2018, 2019, 2020) M1x W1x LW1x W2x LM2x LW4x LM4x W4x M4- W8+ M8+ Silber Bronze 0 0 1 (2019) 0 2 (2020, 2021) 1 (2020) 1 (2020) 1 (2020) 0 1 (2020) 0 0 1 (2017) 0 0 0 0 0 1 (2021) 1 (2019) 0 0 Dein Sport – unsere Leidenschaft – Individuelle Ruder- und Sportswear Unsere neuen Rucksäcke ( urban backpacks ! ) lassen sich auch prima bedrucken oder besticken. Und wenn Ihr Euch mit ein paar Kollegen zusammen tut, gibt es auch einen Mengenrabatt. Praktisch sind die rückseitige Reißverschlusstasche, zwei seitliche Einsteckfächer und vor allem das gepolsterte Fach mit Organizer-Elementen innen. Sie sind aus recyceltem Material und sind in drei trendigen Farben erhältlich (ash, black-sprinkle und blue-grey-sprinkle). Gerne schicken wir auch Muster zu. Kontakt: Gerd Meyer 0175-1578393 info@bodymind.de rudersport | 06-2022

21 ma Stämpfli bekannt wurde. Inzwischen führte er in Gießen seine eigene Werft und baute Holz- und Kunststoff-Gigs („C-Line“) mit Formen von Gustav Gehrmann. Das war für ihn eine verlockende Perspektive. Bereits nach wenigen Monaten stellte er aber fest, dass „die Chemie nicht stimmte“. Mit den Ruderkameraden Jörn Fischer und Ingo Rothermund wagte er 1998 mit dem Bau und dem Handel von Booten den Schritt in die Selbstständigkeit. In Lehrte bei Hannover wurde er Mitglied der Firmenleitung von FISEQ (Fischers Sports Equip- ment). Doch wirtschaftliche Schwierigkeiten führten bereits nach knapp zwei Jahren zum Ausstieg. Ehrenamtlich war Uwe Mohaupt Mitglied im von Hans Rath (Münster) geleiteten technischen Ausschuss des DRV. Hier ging es unter anderem um die Weiterentwicklung von Gigs (Mindest- gewicht, Auftrieb bei Kenterung, Stemmbretthalterungen etc.) und hier lernte Mohaupt den Bootsbauer und Ingenieur Klaus Filter kennen, der in den 1970er- und 1980er-Jahren die Boote für die international erfolgreichen DDR-Ruderer entwickelte. Nach dem Intermezzo in der Selbstständigkeit arbeitete der Sohn ei- nes Lehrerehepaares in der Jugend- und Erwachsenenbildung. In der ehemaligen VEB-Yachtwerft in Berlin bildete er sozial be- nachteiligte Jugendliche zu Bootsbauern aus. 2004 bekam er das Angebot, in Schortens bei Jever eine Werft für Segelyachten auf- zubauen. Ziel war es, anspruchsvolle Einzelanfertigungen („One- off-Boote“) aus Kunststoff zu produzieren. Wechsel in die Windenergiebranche Ab 2007 arbeitete Uwe Mohaupt für den Windenergiean- lagenbauer ENERCON in Aurich. Zunächst fertigte er Flügel, danach war er in der Qualitätssicherung tätig. Er ist heute noch beeindruckt von Elektroingenieur und Firmengründer Aloys Wo- bben („ein Tüftler wie Gustav Gehrmann, Helmut Rehberg oder Klaus Filter“). Ab 2009 leitete er beim Fraunhofer Institut in Bre- merhaven den Aufbau einer Prüfkörperherstellung für Rotorblät- ter und Komponenten. „Allerdings ist die längerfristige Arbeit im öffentlichen Dienst nicht wirklich zufriedenstellend“. Folglich wechselte er 2014 zu einem Bildungsträger, für den er im Bereich der Windenergie tätig war. „Back to the roots!“ Nach dem Tod seiner Frau 2018 nahm er sich eine Auszeit und ging zurück nach Celle. Durch Zufall entstand der Kontakt zur Bootswerft Baumgarten in Warin. Den Firmengründer Heinz Baumgarten hatte er 1982 bei einem Lehrgang kennengelernt. Nach dessen Tod im März 2019 übernahm sein Sohn und Boots- Der Rollauslegereiner der Firma Gehrmann (Anzeige im „ru- dersport“ aus dem Jahr 1982). bauermeister Eike Baumgarten die Firmenleitung. Die Perspekti- ve, mit einem jungen, innovativen Chef Ideen zu kreieren und zu realisieren, veranlasste ihn, wieder Ruderboote zu bauen. Zunächst ging es um Veränderungen bei einem C-Gig-4x+. Im Schülerrudern erfreut sich der von Rudolf Broschkowski (Boots- werft Pirsch Berlin) in den 90er Jahren entwickelte Rumpf gro- ßer Beliebtheit. Die Bootsform mit dem sehr flach ins Wasser gehenden Bug bietet sich für das Rudern auf glattem Wasser an. Als Ergänzung stand die Entwicklung eines Rumpfes für rauere Gewässer an. Mit den entsprechenden Berechnungen und unter Berück- sichtigung der Maßvorgaben durch den DRV entstand so eine Zeichnung, die in ein leistengeplanktes Modell umgesetzt wurde. Daraus wurde die Form gebaut und darin die Schale des Endpro- dukts laminiert. Herausgekommen ist ein Boot („Marathon+“) mit einem annähernd senkrecht aus dem Wasser ragenden Vorsteven. Die verlängerte Wasserlinie ermöglicht eine größere Rumpfge- schwindigkeit. Die Einschränkungen während der Corona-Pandemie haben zu einer starken Nachfrage nach Funboot-Einern durch Privat- kunden geführt. Es wurde der robuste und kippstabile „Gig-Ra- cer“ mit durchgehendem Außenkiel entwickelt. Durch die geringe Länge ist der Dachtransport auf einem PKW möglich. Momentan wird an einem Coastal-Einer gearbeitet. Auf den Unterbau (Hel- ling) werden die Modellspanten gestellt. Die Zwischenräume werden mit Styrodur (geschäumter Kunststoff ) ausgefüllt und dann in Form geschliffen. Mit Hilfe des Modells wird die Form für PETER THOLL die eigentlichen Boote gebaut. Uwe Mohaupt mit dem Modell für den Coastal-Einer. Das Modell für den C-Gig-2x+ mit senkrechtem Bug. rudersport | 06-2022

TRAINING & AUSRÜSTUNG 23 Die folgende Bildserie zeigt links zwei „geparkte“ CLAMs auf der Innenseite des Klemmrings, in der Mitte einen „geparkten“ und einen CLAM zur Verlängerung des Innenhebels und rechts zwei CLAMs auf der Dollenseite, die den Innenhebel um zwei Zentimeter vergrößern. Sie sind rasch gesteckt, um zum Beispiel bei Gegenwind bei verlängerten Innenhebel den Druck etwas zu reduzieren. CLAMs sind aber auch hilfreich bei Verwendung von Skulls in verschiedenen Bootsklassen. Wie viel Druck am Blatt ist sinnvoll? Die „Übersetzung“ härter zu stellen, bedeutet zwar, dass der Vortrieb zunimmt und das Boot damit schneller wird. Aber: Man ermüdet auch schneller oder setzt weniger Kraft ein, sodass die Wirkung verpufft. Rudert man dagegen mit längeren Innenhebeln (= kürzere Außenhebel) fühlt sich der Ruderzug weicher an, denn der Druck ist nicht so hoch. Die fehlende Geschwindigkeit ließe sich durch eine leicht erhöhte Schlagzahl ausgleichen. Letztlich ist die Hebeleinstellung individuell und hängt von Bootsklasse, Kondition, Konstitution, Wetter und letztlich auch von individu- ellen Vorlieben ab. Der eine rudert gern kraftvoll, der andere lie- ber mit weniger Druck und dafür zwei Schläge höher. Der Druck sollte zur Crew und den Bedingungen passen. Ist er zu hart ein- gestellt, wird das Rudern sehr kraftlastig und man kann ggf. seine gewünschte Schlagfrequenz nicht erreichen oder der Rücken er- müdet schneller als gewohnt. Ist der Druck zu weich eingestellt findet man nur schwer das richtige Maß und schlägt vermutlich höher als beabsichtigt. ORIENTIERUNGSWERTE (SMOOTHIE-BLATT) Skull Innenhebel Einer 87-90 86-88 Doppelzweier Doppelvierer Gesamtlänge 284-289 285-290 85-87 287-292 Riemen Zweier- ohne Vierer Achter Innenhebel 116-118 114-117 Gesamtlänge 367 - 375 370 - 375 112-115 373-378 Genaue Messung: An der Blattkante wird stets in Verlängerung des Schaftes gemessen. Angaben in Zentimeter Meist sind die Hebelverhältnisse in einem Boot auf allen Plät- zen gleich. Um bei Crews mit großen Unterschieden in der Kör- perhöhe, zum Beispiel Mixed-Teams, möglichst gleiche Schlag- längen zu realisieren, kann man individuell davon aber durchaus abweichen. Kleinere Personen würden mit kürzeren Hebeln und engeren Dollenabständen rudern als größere Personen. Einstellung von nichtverstellbaren Rudern Bei Skulls und Riemen, die in der Gesamtlänge nicht verstellbar sind, lässt sich das Hebelverhältnis über die Position des Klemm- rings verändern. Dazu löst man die Schrauben oder die Schelle so, dass der Klemmring verschoben werden kann. Anschließend fixiert man ihn „handfest“ an der gewünschten Position. TIPP: Die Nutzung von Steckschlüsseln, meist ein 8-mm-Steck- schlüssel, erhöht die Lebensdauer der Schraubenköpfe. Ein Schraubendreher beschädigt eventuell die Schraubenköpfe. Ganz ohne Werkzeug lässt sich mit „CLAMs“ – durch Aufste- cken oder Entfernen – das Hebelverhältnis verstellen. Die auf die Dollenseite des Klemmrings gesteckten CLAMs vergrößern den Innenhebel um jeweils einen Zentimeter. Werden die CLAMs nicht gebraucht, lassen sie sich ganz einfach an der Innenseite des Klimmrings „parken“. CLAMs für Skulls verschiedener Bootsklassen: Innenhebel für Doppelvierer (87 cm ohne CLAM); Mitte: Innenhebel für Doppelzweier (87 cm + ein CLAM bzw. 1 cm = 88 cm); Rechts: Innenhebel für Einer (87cm + zwei CLAMs bzw. 2 cm = 89 cm). Einstellung von verstellbaren Rudern Bei längenverstellbaren Skulls und Riemen lässt sich das He- belverhältnis sowohl über Innenhebel als auch Außenhebel bzw. der Gesamtlänge verstellen. Dazu stellt man im ersten Schritt die Gesamtlänge des Ruders ein, indem man die Schelle löst, über die Schraube das Griffende hinein oder hinaus dreht und anschlie- ßend die Schelle wieder anzieht, um den Griff zu sichern. Im Rennrudern ist es üblich, erst die Hebelverhältnisse bzw. „den Druck“ über die Länge des Außenhebels anzupassen. So wird vermieden, dass ggf. weitere Veränderungen an der Boots- einstellung vorgenommen werden müssen. Im zweiten Schritt wird der Klemmring eingestellt. Auch hier ist die Verwendung von Steckschlüsseln ratsam. Dies gilt insbe- sondere, wenn der Mechanismus schwergängig ist! BEISPIEL 1: Zur Erhöhung des Drucks kann man den In- nenhebel kürzen, d.h. der Klemmring wird „in Richtung“ Griff gestellt. In der Folge wird wahrscheinlich erforderlich sein das Stemmbrett heckwärts zu stellen, um in seine gewohnte Endzug- position zu gelangen. Alternativ zur Kürzung des Innenhebels ließe sich auch der Außenhebel verlängern. Dies erhöht ebenfalls rudersport | 06-2022

BodyMIND Immer häufiger werden wir von Vereinen gefragt, ob wir auch Signalbekleidung machen und gestalten können. Klar können wir. Die bewährten Gilets (Westen) von Di-Bi eignen sich her- vorragend dafür. Ergonomisch von Ruderern für Ruderer ge- macht können ganz individuell einzelne Teile aus Neonmaterial gemacht werden. So wird man als Ruderer nicht nur auf dem Wasser besser sichtbar. Auch zum Joggen oder Radfahren sind sie toll geeignet. Ergänzt werden kann sie natürlich mit Neon-Caps oder Neon- Clips die man an den Auslegern anbringen kann. Infos: info@bodymind.de Di-Bi Rowing RUDERN WIE DIE PROFIS Seit über 40 Jahren produzieren wir Di-Bi Ruderbekleidung in der Nähe der bekannten Regattastrecke am „Lago di Varese“ (Italien). Wir legen höchsten Wert auf Qualität und Funktionali- tät. Einige Nationen vertrauen seit vielen Jahren auf unsere Er- fahrung. Dazu zählen unter anderem der Schweizer Ruderver- band und seit 2022 auch der Deutsche Ruderverband. Der Ruder-Einteiler – das Herzstück Deiner Ruderausstattung. Unser Ruder-Einteiler überzeugt durch seine Leichtigkeit und hohe Elastizität. Von dieser Bewegungsfreiheit kann sehr lange profitiert werden. Die Strapazierfähigkeit macht den Einteiler zu einem langjährigen Trainingsbegleiter. Der Di-Bi Rowing Rudershop bietet ein breites Sortiment an Einteilern und allen notwendigen Kleidern die Du für Deinen Lieblingssport brauchst. Infos: www.dibirowing.com FAST-SPORTS THERMO-RUDERKLEIDUNG AUS DEN USA Der US-Hersteller NRS ist Spezialist für Wassersportarten. Die Neopren Linie HydroSkin 0.5 eignet sich perfekt zum Ru- dern bei unbeständigem Wetter, kühlen Wassertemperaturen, Winterrudern und beim Coastal Rowing. Guter Wärmerückhalt durch Titanium laminiertes Neopren (0,5 mm), hohe Atmungs- aktivität, reibungsarme Flachnähte und schnelltrocknendes Material sorgen für höchsten Ruderkomfort. Hochelastisches 4-Wege-Stretchmaterial und das weich kaschierte Innenmate- rial verleihen den Ruderer*innen ausgezeichnete Bewegungs- freiheit und einen perfekten Sitz. Testen Sie diese Kleidung bei niedrigen Wassertemperaturen und reduzieren Sie die Gefahren beim Kentern in der kalten Jahreszeit. Für ein entspanntes Rudererlebnis! NRS-Neopren-Ruderbekleidung SPORTS, dem Spezialisten für Coastal Rowing. ist erhältlich bei FAST- TRAINING & AUSRÜSTUNG 27 v. 1882 Infos: fast-sports.de rudersport | 06-2022

So geht Ruderergometer Jetzt nur im digitalen Rudersport: Olympiateilnehmer Lars Wichert stellt das AUGLETICS Eight im Video im Detail vor. Neben dem Training im Verein ist für die meisten Ruderer ein eigenes Ergometer zu Hause die Lösung für das regelmäßige Training. Die Geräte von AUGLETICS haben vor allem im privaten Umfeld enorme Vorteile. Du kannst unsere Geräte in ganz Deutschland ausprobieren. Den nächsten Shop findest du auf unserer Website unter "Jetzt testen". realistisches Rudergefühl von Profisportlern entwickelt und abgestimmt leise beim Training für ein harmonisches Miteinander der Nachbarn überraschend platzsparend passt in jede Wohnung und lässt sich hochklappen großer Touchscreen für mehr Spaß und maximale Motivation beim Training Suchst Du neue Herausforderungen? Wir haben attraktive Stellen an unserem Standort vor den Toren Berlins ausgeschrieben: augletics.de/karriere www.augletics.de

Training gibt, haben ein illustres Trainerteam an den Start ge- bracht. Jeder und jede einzelne aus dem Team verfügt über reich- lich Ruder- und Wettkampferfahrung – teils auf höchstem Niveau. Lars Wichert ist der Olympionike im Team. Er nahm an den Olympischen Spielen 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro teil. Darüber hinaus ist Lars dreifacher Weltmeister im Rudern, amtierender WR-Halter auf 6000 Meter auf dem C2 mit Slides und ein ebenso erfolgreicher Triathlet. Im vergangenen Jahr ge- wann er den Ironman Hamburg in sagenhaften 8:12:42 Stunden und bereitet sich nun auf den Ironman auf Hawaii vor. „Lars ist unsere Maschine und hat immer einen nicht ange- kündigten Sprint in petto“, schmunzelt Schulze-Gülich und er- gänzt: „Wer möchte, kann von diesem Ausnahmeathleten und Die „Ruderei“-Trainer motivieren mit viel Spaß an der Kette. Sportwissenschaftler eine Menge lernen.“ Lars Wichert benennt seinen Fokus: „Der perfekte Ruderschlag ist harte Arbeit und for- dert volle Konzentration. Ich freue ich mich darauf, Euch zu zei- gen, wie es geht.” Sina Ingber ruderte einst mit Jana Verheyen im Bundesli- ga-Achter-Team der Hamburger Rudergesellschaft Hansa. „Sina war allerdings im schnelleren Boot“, sagt Jana, die mit Sina den- noch in verschiedenen Konstellationen gemeinsam Wettkämpfe bestritt. „Sie versteht es, die Sportler trotz des anstrengenden Trainings gut zu unterhalten“, nennt Jana eine der Stärken von Sina. Sie ist Inhaberin diverser B- und C-Lizenzen verschiedens- ter Bereiche und freut sich, ihre Erfahrung sowie ihre Ruder- und Sportbegeisterung mit den Sportlern zu teilen und weiterzuge- ben. Was Sina besonders Spaß macht ist, dass die Teilnehmer mittlerweile auch untereinander kommunizieren, der Kurs also auch eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Noch relativ neu dabei ist Maiko Remmers – der Ostfriese und der Coastal Rower im Team. Der Polizist kennt auf dem Was- ser nahezu alle Wettkampfformen – auch auf höchstem Niveau. Als Jugendlicher war er bei nationalen und internationa- len Regatten, im vergangenen Jahr bei der Coastal-WM in Portugal am Start. Schon seit 2001 kennt er Sina Ingber von einer gemeinsamen Teilnahme am Ergo-Marathon in Aurich. Seine Begeisterung für Indoor Rowing zündete bei der Er- go-WM 2020 in Paris. „Da habe ich gemerkt, dass Indoor Ro- wing eine eigenständige Sport- art ist“, erzählt Maiko, der das Lars Wichert ist der Olympionike im Team. 31 Das Team der „Ruderei“ mit (v .li.) Jana Verheyen, Lars Wichert (online zugeschaltet), Björn Schulze-Gülich, Maiko Remmers und Sina Ingber. Rudern im Alter von 14 Jahren einst in seiner Heimatstadt Aurich beim dortigen Ruderverein erlernte. „Unser Konzept kommt an“, stellt Björn Schulze-Gülich fest und sucht deshalb weitere Trainer, die die Begeisterung für In- door Rowing ebenso teilen und diese Begeisterung gerne wei- tergeben möchten, egal wo in Deutschland das Ergo steht. Man benötigt nicht mehr als ein Ergo, ein Laptop, eine Kamera und ein Headset. Der Raum, um die Kurse ins Bild zu setzen, ist quasi überall vorhanden – und sei es eine Garage. BERT LANGBEHN Einfach Kontakt mit Björn aufnehmen unter info@ruderei.de Via Laptop können die Teilnehmer die Rudertechnik von ihrem Heim-Ergo aus genau verfolgen. SUMMERERG-SERIES Die SummerErg-Series geht 2022 bereits in ihre dritte Auflage. Sie beinhaltet spannende Streckenformate, die von den Teilnehmern vor allem eine kluge Renntaktik er- fordern. Die Serie läuft von Juni bis Oktober, jeweils am ersten Wochenende des Monats (von Freitag bis Montag). Es gilt, seine Kräfte besonders gut einzuteilen: Jede Wett- kampf-Distanz setzt sich aus mehreren kürzeren Distan- zen zusammen, die je nach Streckenlänge unterschiedli- che Herangehensweisen erfordern. Der Clou: Zwischen den Teildistanzen machen die Sport- ler keine Pause, sondern fahren sie in einem Stück durch! Es ist also ein ständiges Wechselspiel zwischen extrem intensiven Sprint-Distanzen und Ausdauerstrecken, die zu bewältigen sind. BL rudersport | 06-2022

Alle Vorteile im Kombi-Abo! 06-2022 Wie kommt der Nachwuchs aus der Corona-Talsohle? LAUDATIO: ZUM ABSCHIED VON RALF HOLTMEYER TITELKAMPF: DM KLEINBOOT IN KREFELD PROJEKT: RUDERN IN ZIMBABWE Sie sind schon Print-Abonnent? Bestellen Sie zusätzlich die Digital-Ausgaben zum Vorzugspreis von 20 € pro Jahr. Ihre Vorteile: • 11 interaktive Ausgaben mit integrierten Videos und weiterführenden Links zusätzlich zum gedruckten Magazin • digitales Heftarchiv ab Januar 2021 • rudersport lesen wo und wann Sie wollen Jetzt Kombi-Abo bestellen!

INDOOR ROWING & FITNESS 33 This certificate confirms that Thomas Fuß set a new World Record on April 17, 2022 on the Concept2 Indoor Rower. Individual Lightweight Men 50-59 Million Meters 6 days 12 hours 9 minutes 11.5 seconds Krone: Thomas Fuß krönte sich selbst zum Weltrekordler. laufbeschwerden auch“, erzählt Michael Schatt, während er auf seinem Dachboden bei Discolicht und begleitenden Beats aus dem Lautsprecher seine ersten Kilometer abspult. Tatsächlich wähnte der Ultra-Ruderer sich zwischenzeitlich in einem Restaurant und glaubte, sein Ergo wieder zurück auf seinen Dachboden bringen zu müssen. Zur Not ein Fingerhut voll Wodka ... Eingeteilt hatte Schatt die 1000 Kilometer in fünf Abschnit- te, beginnend mit 230 Kilometern, dann 220, 210, 180 und zum Schluss 160 Kilometer, zwischen denen er einige Stunden (maxi- mal sieben, minimal vier) schlafen, sich pflegen und verpflegen konnte. „Wenn der Kreislauf einmal gar nicht mehr hochkommt, hilft mir ein Fingerhut voll Wodka, aber nur zum Gurgeln“, ver- rät der Ultra-Athlet. Doch schon die erste Etappe schaffte er vier Stunden schneller als geplant und von Tag zu Tag, Nacht zu Nacht, Stunde zu Stunde blieb der Ultra-Verrückte, wie er sich auch selbst bezeichnet, auf Kurs. Schlimm wurde es auf den letz- ten 100 Kilometern. „Das waren die härtesten 100 Kilometer mei- nes Lebens, du glaubst, du bist gleich am Ziel, aber dann wird die Uhr so gnadenlos“, berichtet Schatt. Thomas Fuß, der zu den privat performenden Ergo-Ruderern zählt, quälte sich zu Hause in Glückstadt an der Elbe und begann nahezu zeitgleich mit Schatt. Nach der Hälfte der Distanz setzte Fuß einen skeptischen Post bei facebook ab: „Minimalziel ist er- reicht. Der Weltrekord ist „noch“ erreichbar. So langsam setzt der körperliche Verfall ein und der Schlafentzug tut sein Übriges. Ich denke, es wird in einem Überlebenskampf enden“ – auch er hat diesen Kampf gewonnen. Fuß quälten nach der Hälfte der Distanz Schulterschmerzen, doch Tapes brachten ihn zurück ins Rennen und nach weiteren 100 Kilometern lief die Maschine wieder. Als der Rücken schmerzte, schnallte er sich kurzerhand eine Wärm- flasche um. „Man muss schon kreativ sein“, weiß der erfahrene Ultra-Athlet, der schon Tripel-Triathlon, 24-Stunden-Läufe und Bergläufe absolvierte. Vor zweieinhalb Jahren schaffte er das Concept2-Ergometer an. Kreativ wurde er im Laufe der Ultra-He- rausforderung auch bei der Musikauswahl: „Ich habe eigentlich gerne Ramstein zum Rudern gehört und dann bin ich während der 1000 Kilometer plötzlich bei Helene Fischer gelandet, das lös- te in mir Emotionen aus, so dass sogar Tränen flossen“. Thomas Fuß, der bis dahin Ultra-Distanzen laufend oder auf dem Fahrrad absolviert hatte, lernte den Wolfsburger Cross-Fit- ter Sascha Mörth kennen, der ebenfalls schon Marathon- und Ultra-Erfahrungen auf dem Ergo hatte, und schaffte sich einen Concept2-Rower an. „Das war eigentlich als Ausgleich für mei- nen anderen Sport gedacht“, aber dann lernte er Michael Schatt kennen. „Der ist noch verrückter als ich“, schmunzelt Thomas Fuß. Der 55-Jährige fuhr die 1000 Kilometer im regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus, pausierte immer zwischen 2.30 und 7 Uhr, bevor er wieder aufs Ergo stieg. Erst die letzten 40 Kilometer wollten dann einfach nicht enden. Ohne seine Frau, die während der Woche der Schmerzen die Verpflegung ihres Mannes managte, hätte er wohl bestimmt 20 Stunden länger gebraucht, glaubt er. Und dann kamen immer wieder die Stunden, in denen die Ehefrau auch als Seelsorgerin gefragt war. „Sie hat in der Woche ein Kilo abgenommen, ich da- gegen gar nichts“, lacht Fuß. Für die Woche auf dem Ergo nahm der Papiertechnologe eigens eine Woche Urlaub – „ein Urlaub mit BERT LANGBEHN Schmerzen“, schmunzelt er rückblickend. rudersport | 06-2022

VEREINSSZENE 35 Ehemalige Wettkampfrichter beim Bosseln statt auf dem Wasser Seit diversen Jahren treffen sich ehemalige Wettkampfrichter des Deutschen Ruderverbandes zum gemütlichen Plauschen und zum Austausch der Erinnerungen aus den Wettkampfrichterzei- ten und dies in Verbindung mit einer guten Runde des Kegelns im Freien, dem Bosseln. Als sich 2019 die damalige Runde in Hann.-Münden fast am Weserstein traf, war das Wort Corona in unseren Breiten weitgehend unbekannt. Es schlug für die Gruppe dann jedoch unerbittlich zu. Kein Meeting mit fröhlichen Stun- den in 2000 und auch nicht in 2021. Dieter Haß übernahm es dann für 2022, die Bosseltour neu zu starten und die alten Kollegen einzuladen. So traf sich die Run- de im Frühjahr in Potsdam, Hartmut Duif (Ehrenpräsident des LRV-Brandenburg) hatte die Organisation übernommen und eine geeignete Bosselstrecke ausgesucht. 29 Teilnehmer, überwiegend aus den nördlichen und nordöstlichen Bundesländern, logierten darauf im Wyndham Garden Hotel direkt gegenüber des alten kai- serlichen Forsthauses. Mit der Familie Widmann aus dem Land der Schwaben war erstmalig ein ehemaliger Kollege aus dem Sü- den vertreten. Leider, wie häufig in diesen Zeiten, mussten drei Teilnehmer coronabedingt auschecken. Nach dem Abendessen zur Begrüßung im Bürgerbahnhof Pots- dam und einem gemütlichen Frühstück starteten zwei Gruppen mit jeweils zwei Mannschaften à fünf Mitgliedern die vier Kilo- t a v i r p , n n a m t r A . G : s o t o F Alte Liebe – von rudersport neu entfacht 1963 und 1964 ist er für die Sportgemeinschaft der Seitz-Werke Bad Kreuznach – heute RKV Bad Kreuznach - gerudert, bis dahin beim Ruderclub Holzminden und bis heute beim Regensburger Ruderverein. Die Rede ist von Gunter Artmann, heute mittlerwei- le 80 Jahre alt. Gunter Artmann ist durch einen Bericht über den RC Holzminden und den RKV Bad Kreuznach in der Juni-Ausgabe von „rudersport“ auf die Idee gekommen, sich einmal beim RKV zu melden und eine Schilderung seiner Zeit in Bad Kreuznach zu schicken. So ist denn auch von „Putzi“ und „Moses“ (auch der Bootsname eines älteren Renneiners, über dessen Namensher- kunft sich der Verfasser dieses Berichts schon immer Gedanken gemacht hat) die Rede, Spitznamen von ihm und seinem damali- gen Zweierpartner Gerd Lindner, die in dieser Zeit für die „Seitzi- aner“ u.a. Erfolge in Mannheim, Heilbronn, Essen und Mühlheim Die ehemaligen Wettkampfrichter waren einmal sportartfremd unterwegs. meter lange Bossel-Tour – natürlich unter Mitnahme mittelpro- zentiger Getränke. Bei sonnigem Wetter war ein uriges Ausflugs- lokal, wo eine deftige Gulaschsuppe wartete, das Ziel. Dann ging es mit dem Bus und einer sehr kompetenten Stadtfüh- rerin 90 Minuten kreuz und quer durch die historische Altstadt von Potsdam. Das abschließende Abendessen mit vielen lustigen Erzählungen aus der Rudervergangenheit und geplanter Zukunft ließ den Tag ausklingen. Der Ruderkamerad Widmann löste die Frage nach dem kommenden Jahr und lud nach Süden ins Schwa- benland ein. Wer mehr Informationen über das Wie, Wo und Wann erhalten möchte kann diese unter rudern@dieterhass.de JÜRGEN DABRAT gern in Erfahrung bringen. Alte Liebe rostet nicht: Ruderidyll mit Putzi, Mucky, Moses und Ingrid. erruderten. Für die heutigen Ruderer hat er noch einige „ge- schichtsträchtige“ Bilder aus seiner Zeit beigelegt, die u. a auch das noch heute bestehende Idyll am Stausee Niederhausen wi- derspiegeln – auch der „Äppelkahn“ und die Schwäne existieren bis heute. Schön, dass über rudersport alte Verbundenheiten und Vergangenes wieder mit Leben gefüllt wird. RALF BÖRDER (RKV KH) rudersport | 06-2022

VEREINE & VERBÄNDE 37 „Solo auf See“ – Gabi Schenkel schreibt über ihr Atlantik-Abenteuer Die Talisker Whisky Challenge – immer wieder wagen sich Ru- derer, auch solche, die es gerade erst erlernt hatten, mit einem Ruderboot quer über den Atlantik. Zu viert, zu zweit oder wie im Jahr 2019/2020 die Schweizerin Gabi Schenkel, völlig alleine – 5.000 Kilometer von La Gomera nach Antigua. Dabei ist Gabi Schenkel Osteopathin und Leistungssportlerin, jedoch keine er- fahrene Ruderin. Nach nur einem Jahr Training auf dem Zürich- see stürzte sich die Schweizerin in das Abenteuer ihres Lebens. Knapp drei Monate lang lieferten sich Gabi Schenkel und ihr Boot, die „Miss Universe“, schutzlos den Launen von Wind, Salzwasser, Sonne und Wellen aus. Traumhafte Sonnenunter- gänge, Delfinschulen und ein immer wiederkehrender kleiner Vogel begleiten ihre Fahrt. Doch die Natur stellt sie auch vor gro- ße Hürden: Die Tage sind kräftezehrend und lang, kleinere Ver- letzungen an der Tagesordnung. Einmal reißt eine große Welle sie sogar von ihrem Boot. Die Extremsituation konfrontiert Gabi Schenkel zusätzlich mit tiefsitzenden Unsicherheiten, Selbstzweifeln und Ängsten. Im- mer wieder beschreibt sie in Rückblicken Herausforderungen und Muster ihres bisherigen Lebens, die sie auf dem Atlantik an ihre Grenzen bringen. Doch sie fängt sich jedes Mal aufs Neue, passt sich den Gegebenheiten an und funktioniert. Ihr Boot wird auf der stürmischen Reise ihr sicherer Hafen. In 75 Tagen schlagen die Skulls von Gabi Schenkel etwa drei Millionen Mal durch das kraftvolle Wasser des Atlantiks, und mit jeder zurückgelegten Seemeile verändert sich ihre Einstellung zu sich selbst, dem Leben und der Natur. Ihr Buch „Solo auf See“ liest sich so geduldig und eindrücklich, wie mehrere Wochen Einsamkeit auf dem Meer sich anfühlen mögen. Und das macht die Atmosphäre des Buches besonders. Freudige Höhepunkte, Frustration, Schmerzen, Dankbarkeit, Selbstzweifel, Tränen der Freude und des Leids, Tanzeinlagen und pures Glück lassen die Leser mitfühlen, was die Sportlerin erlebt. Der Leser begleitet eine Frau, die durch eine körperliche und mentale Grenzerfahrung das Ru- der in die Hand nimmt und wieder die Kapitänin ihres eigenen Lebens wird. Da- bei wird deutlich: Jeder und Jede kann seinen eigenen Atlantik überqueren. 240 Seiten, Klappenbroschur Format: 13,5 x 21 cm 18.95 € (DE) / 19.50 € (AT) ISBN: 978-3-95910-353-4 Benefiz-Regatta „Düsseldorf am Ruder“: Team-Rudern für die Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e. V. Am Samstag, 13. August 2022, findet die Benefiz-Regatta „Düs- seldorf am Ruder für Menschen mit Krebs“ nach zwei Jahren Corona-Pause wieder statt, ist sich Kurt Nellessen vom Verein „Düsseldorf am Ruder“ ziemlich sicher: „Zusammen mit dem Ruderclub Germania werden wir alles daransetzen, wieder ein Ruderfest zu feiern.“ Von 9 bis 18 Uhr sind im Medienhafen öf- fentliche Wettkämpfe geplant. Unter www.duesseldorf-am-ruder.de kann man sich anmelden. Alle, die Lust haben, den Rudersport auszuprobieren, können mitmachen und den guten Zweck unterstützen. Ein Team setzt sich jeweils aus vier Personen zusammen. Gestellt wird ein Steu- ermann vom RC Germania. Möglich sind zum Beispiel Familien-, Firmen-, Freundschafts- oder Vereinsboote. Rudererfahrung und besondere Sportlichkeit sind nicht erforderlich. Teilnehmer sollten nur schwimmen können und mindestens zehn Jahre alt sein. Die nötigen Ruderkenntnisse werden in den Wochen vor der Regatta bei drei Trainingseinheiten unter Leitung des RC Germania am Trainingszentrum im Düsseldorfer Hafen vermit- telt. Das Startgeld pro Boot/ Team beträgt 250 Euro (3 x Training inklusive) – für Schüler und Studierende ermäßigte 100 Euro. Veranstalter der Benefiz-Regatta ist der Verein „Düsseldorf am Ruder e.V.“, sportlicher Ausrichter der „Ruderclub Germania Düsseldorf 1904 e.V.“ Der Erlös unterstützt die Arbeit der ge- meinnützigen Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. Diese setzt sich für die Verbesserung der onkologischen Versorgung in NRW ein und bietet unter anderem in Düsseldorf eine kosten- freie psychosoziale Beratung für Betroffene und Angehörige an. Unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Stephan Keller freuen sich die Macher über weitere Paten: Städtischer Pate ist das Sportamt Düsseldorf. Ärztliche Unterstützer sind Professor Dr. med. Rainer Haas von der Heinrich-Heine-Uni- versität Düsseldorf und Professor Dr. med. Ullrich Graeven, Vorstandsvorsitzender der Krebsgesellschaft NRW e.V. Pati- entenvertreterin ist Heidi Lutter vom Semi-Colon e.V. (Fami- lienhilfe Darmkrebs). Als sportliche Botschafter sind Kathrin Schmack (Vorstandsvorsitzende RC Germania), Leonie Menzel (Vize-Weltmeisterin und Deutsche Meisterin) sowie Lukas Mül- ler (Weltmeister und Olympiasieger im Deutschland-Achter) dabei. Als Unternehmensbotschafter und Aktiver im Rudersport engagiert sich Dr. Klaus Vitalis Schulz. Weitere Unterstützer der Benefiz-Regatta sind das forschende Pharmaunternehmen Jans- sen, das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) und das Evan- BL gelische Krankenhaus. Kontakt: Dinah Oelschläger, Telefon 0211/1576099-2; E-Mail: oelschlaeger@duesseldorf-am-ruder.de rudersport | 06-2022

Steckbrief Günter Bach führt, ein zusätzliches Gefahrenpotenzial beinhalten. Nichts an- deres gilt letztlich, wenn auch nur im eingeschränkten Bereich, für Boote mit Steuerleuten. Steuerleute haben zwar eine Sicht nach vorne, jedoch eingeschränkt durch die vor ihnen sitzende Mannschaft (wenn der Steuermann, wie meist, hinten im Boot sitzt). Solch einer Gefährlichkeit muss entgegengetreten wer- den. Gefahren durch Kameras reduzieren Der Rudersport muss durch die Verantwortlichen sicherer gemacht werden. Kameras, Bildschirme, akustische Signale, etc., mit denen Gefahren rechtzeitig erkannt und dargestellt werden können, sind grundsätzlich vorhanden und für Ruder- boote adaptiert einzusetzen. Dazu müssen sich die Vereine ver- pflichten. Der Einbau solcher Hilfsmittel kann durch die Ver- eine selbst erfolgen oder durch ihr entsprechendes Einwirken auf die Bootswerften, direkt oder über die Landesverbände oder den Deutschen Ruderverband. Mit zu schützen sind ebenfalls die Steuerleute. Auch sie sind mit entsprechenden Sicherheits- techniken auszustatten. Auf diese Weise können Gefahren zwar nicht ausgeschlossen, aber erheblich gemindert werden. Die Sicherheit von Leib und Leben, die Sicherheit von Gegenstän- den, Sachen Dritter, ist unabdingbar zu gestalten. Es stellt nach Auffassung des Autors eine anzuprangernde Nachlässigkeit dar, dass es insoweit keine gesetzlichen Vorgaben gibt, dass Verei- ne von sich aus gefahrreduzierende, technische Möglichkeiten nicht zum Einsatz bringen, um den Rudersport im Allgemeinen sicherer zu machen. Warum auch immer, wurden durch den Gesetzgeber in den Ruderbetrieb die sogenannten „Bootsobleute“ mit Haftungs- GÜNTER BACH VEREIN: Ruder-Club Aschaffenburg von 1898 e. v., seit 1967 FUNKTION: 2. Vorsitzender BERUF: Rechtsanwalt VEREINE & VERBÄNDE 39 verantwortlichkeiten implantiert. Es sind diejenigen, auf die im Schadensfall zu allererst zugegriffen wird. Hierbei geht es um die zivilrechtliche Haftung auf Schadenersatz und um die straf- rechtliche Verantwortlichkeit im Falle der fahrlässigen Kör- perverletzung beziehungsweise fahrlässigen Tötung. Bootsob- leute sind damit die Haftungsnarren im Laiengewand, die im Schadensfall ganz vorne den Kopf hinzuhalten haben. Bei der Durchsicht von mindestens 30 Ruderordnungen fällt auf, dass den Bootsobleuten in unterschiedlicher Art und Weise zahlrei- che Verantwortlichkeiten auferlegt werden, die sie nicht erfül- len können. Es handelt sich zum Beispiel um die Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen für das Hausrevier, der Kenntnis der Sicherheitsrichtlinie des Deutschen Ruderverbandes, der Kenntnis der Ruderordnung, der Kenntnis der Hinweise und der Ratschläge des Weltruderverbandes, der korrekten Abwicklung, was geschehen muss in Notfällen und vieles mehr. Aus Gründen der Vereinfachung werden in Vereinen bei ungesteuerten Booten meistens die Ruderer mit der Nummer 1 (Bugleute) automatisch zu Bootsobleuten gemacht. Individuelle Absprachen mit protokollierter Zustimmungserklärung bei je- der Ausfahrt dürften die Ausnahme sein. Es muss Schluss sein mit einer einseitigen Haftungsverlagerung auf die Ruderer, die vermutlich noch nicht einmal Kenntnis darüber haben, auf was sie sich letztlich als Bootsobleute einlassen. Deswegen bedarf es haftungsentlastender Gestaltungen. Vereine müssen Bootsobleute absichern Die Vereine haben sicherzustellen, dass Bootsobleute aus- reichend versichert sind und die Versicherungen auch grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz abdecken. Zudem müssen Vereine verpflichtet werden in ungesteuerten und gesteuerten Booten Sicherheitstechniken zu installieren, Mithaftungserklärungen anderer Ruderer zum Standard zu machen, Bootsobleuten auf jeden Fall die Sicherheit zu geben, dass der Verein hinter ihnen steht. Die derzeit praktizierte pauschale Verantwortungsüber- tragung auf Bootsobleute im Rahmen von Ruderordnungen oder Satzungen ohne entsprechende Haftungsfreistellungen ist ein beschämender Zustand (ob ggf. eine rechtliche Wirksamkeit solcher Vorgaben gegeben ist, wäre anderweitig zu klären). Kein Ruderer würde sehenden Auges im Falle eines Unfalls, der vom Ruderboot verschuldet wurde, die Erklärung abgeben, er sei be- reit die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortlichkeit, auch im Falle der fahrlässigen Körperverletzung oder der fahr- GÜNTER BACH lässigen Tötung, zu übernehmen. Wie sehen Sie die Situation der Bootsobleute? Welche Erfahrun- gen haben Sie gemacht? Auf Wanderfahrten, im Training, bei der wöchentlichen Ausfahrt auf Ihrem Ruderrevier? Schreiben Sie uns Ihre Meinung und Ihre Erfahrung an redaktion@rudersport-magazin.de safety-mirror safetymirror www.safetymirror.de der perfekte Rückspiegel für den Rudersportler die absolute Neuheit die Multifunktionsmütze INTER-DELTA C. Petermann Sternengässle 7 78244 Gottmadingen Tel. 07731/8358538 E-Mail: c.petermann@safetymirror.de rudersport | 06-2022

Ohne Steg: Hier steigen die Ruderer der Schulclubs auf dem Stausee direkt aus dem Wasser in die Boote zur Regatta. VEREINE & VERBÄNDE 41 Johannsen vom Ruderclub Marit Grenzach hat ein Trainerpraktikum in Zimbabwe gemacht und erzählt uns im Gespräch von ihren Eindrücken: Wie bist du dazu gekommen, in Afrika ein Ruderpraktikum zu machen? Ich habe ein Sabbatjahr gemacht und wollte von meinem Be- ruf als Lehrerin eine Pause machen und reisen. Außerdem hatte ich gerade meinen Trainer-C-Schein im Rudern gemacht und so kam die Idee auf, Rudern und Reisen zu verbinden und von mei- nen Erfahrungen in den verschiedenen Ländern etwas weiterzu- geben. Wer hat dir das Praktikum vermittelt? Unser ehemaliger Vorsitzender, Paul Castle, hat viele interna- tionale Kontakte. Er ist auch beruflich oft in Afrika. Paul kennt einige Rudernde aus Zimbabwe und hat dort sogar schon Rennen kommentiert. Zimbabwe reizte mich wesentlich mehr als ein gro- ßes Ruderland wie USA oder Australien. Es war mir auch schnell klar, dass ich über das Rudern nicht in das typische dörfliche Afri- ka komme, wie es sich viele Leute vorstellen. Es wird ja eine gute Ausrüstung benötigt, die man bezahlen muss, und es braucht auch Strukturen dafür. Paul hat dann das Für und Wider mit mir disku- tiert und den ersten Kontakt vermittelt. Und wie kamst du dann nach Zimbabwe? Zimbabwe hat eine relativ kleine Ruderszene (ungefähr 70 Leute im ganzen Land), sendet aber regelmäßig junge Ruderer und Ruderinnen zu internationalen Wettbewerben. Der Vorsit- zende der Rowing Association of Zimbabwe (RAZ), Andrew Lori- mer, hat mir vorher alles genau beschrieben. Er hat dann den Kon- takt zu den verschiedenen Vereinen hergestellt. Bei ihm konnte ich auch die ganze Zeit, die ich dort war, wohnen. Wo wird dort gerudert? Ich war ja in der Hauptstadt Harare. Dort sind auch die ver- schiedenen Clubs angesiedelt. Das Rudern findet dann an einem Stausee statt: Mazowe Dam, etwa 40 Kilometer nördlich von Harare. Das heißt, als erstes mussten wir immer eine gute Stun- de dorthin fahren. Aber es hat sich gelohnt: Das Gebiet ist land- schaftlich wirklich wunderschön, und auf dem Stausee ist nicht viel los außer ein paar Anglern und Leuten, die am Wochenen- de Picknick machen. Insgesamt rudern am Mazowe Dam fünf Schulclubs, außerdem ein Erwachsenen-Club, dem ich natürlich auch angehört habe. Wie sind die Clubs ausgestattet? Jeder Club hat seine eigenen Boote und sein eigenes Boots- haus. Eingestiegen wird vom Wasser aus, weil sie keinen Steg ha- ben. Die Boote sind zum Teil schon alt, aber es ist natürlich nicht so leicht, neue zu bekommen. Die müssen recht mühsam von Chi- na über Südafrika eingeführt werden. Rudern lassen sie sich aber so gut wie überall, weil die Technik natürlich überall dieselbe ist. Es gibt Skull- und Riemenboote. Besonders gern bin ich mit dem Riemen-Achter mitgefahren, weil es der einzige Achter in Zim- babwe ist und ich somit oft im Nationalachter gefahren bin. Das passiert mir in Deutschland nicht so leicht. Bei meiner ersten Re- gatta hatten sie mich außerdem passenderweise als Johannesen, M. eingetragen. Wunderbar! rudersport | 06-2022

Einstieg: Ein Doppelvierer der Mädchenschule be- reitet sich auf die Fahrt am Mazowe Dam vor. VEREINE & VERBÄNDE 43 Bereit: Marit Johannsen nahm selbst an der Regatta teil und gewann ein Rennen im Masters-Vierer. Bei Schulver- sammlungen werden die Sportergebnisse verkündet MeinRuderbild.de Ruder-Bilder, Kalender und Ruder-Souvenirs www.pictrs.com/meinruderbild rudersport | 06-2022

Schul- und Jugendrudern SPEZIAL SCHUL - UND JUGENDRUDERN 45 SCHUL- UND JUGENDRUDERN SPEZIAL 2022 Die Corona-Pandemie hat in den vergangenen zwei Jahren auch den Ruder- sport ausgebremst. Besonders bekamen dies die Schüler und Jugendlichen unter den Ruderbegeisterten im ganzen Land zu spüren. Auf den folgenden Spezial-Seiten stellen wir unter anderem Beispiele vor, wo und wie der Nach- wuchs den Betrieb wieder hochgefahren hat und wagen einen Ausblick. Rückblick und Ausblick: „Ist das Glas halb voll oder halb leer?“ 46 Kooperation im Schulrudern: Gespräch mit Schülern beim RC Allemannia Hamburg 52 Aus der (Corona-)Not geboren: Dritte Deutsche Schüler-Ergo-Challenge 54 Studie aus Berlin: Larissa Vent untersuchte die Auswirkung von Rudern auf Matheleistung 56 Bundeswettbewerb 2022: Erstmals in Bremen und erstmals nach Corona wieder drei Tage 58 Diversity-Workshops: DRJ und DRV wollen die queere Gemeinschaft stärken 59 GLOSSAR DOSB – Deutscher Olympischer Sportbund DRJ – Deutsche Ruderjugend DRV – Deutscher Ruderverband dsj – Deutsche Sportjugend DOSB – Deutscher Olympischer Sportbund Juleica – Jugendleiter Card PotAS – Potenzialanalyse-System Protektor – Ruderlehrer im Schulrudern PSG - Prävention sexualisierte Gewalt rudersport | 06-2022

SCHUL - UND JUGENDRUDERN 47 Großbooterfolg: Bei den Landesschülermeisterschaften von Niedersachsen 2021 gewann die Humboldtschule Han- nover den Schülerinnen-Achter. „nördlich des Mains“ nutzen dieses Wettkampfangebot, um die Schüler „bei der Stange zu halten“. Zu Beginn der Pandemie wur- den teilweise die schuleigenen Ergometer an die Schüler ausgelie- hen, sodass sie zu Hause die Sportgeräte nutzen konnten. Im Juli 2021 erschien im Magazin rudersport die Wanderrud- erstatistik 2020 des Deutschen Ruderverbandes. Unter der Rubrik „Schülerruderriegen“ tauchten nur sechs Schulen auf. Die Deut- sche Schulsport-Stiftung sagte 2020 und 2021 den Wettbewerb der Schulen „Jugend trainiert für Olympia“ (JtfO) ab. Alternativ gab es 2021 die Schulsportstafette mit einem „Bundesfinale vor Ort“. Die Wettkämpfe beschränkten sich auf die Altersklasse WK III und wurden auf dem Ergometer ausgetragen. Mit deutsch- landweit 45 Meldungen war die Teilnehmerzahl gering. Drastische Auswirkungen beim Deutschen Schüler-Rudercup in Fulda rich-Schiller-Gymnasium Preetz, bemerkte: „Ein bundesweiter Zielwettkampf zum Saisonfinale ist für die rudernden Schüler von sehr großer Bedeutung.“ Kreativität bei der Aufrechterhaltung des Ruderbetriebs mit den Schülern Bei Videokonferenzen des Referates „Schul- und Schülerru- dern“ der Deutschen Ruderjugend (DRJ) wurde von einzelnen Ländervertretern häufig betont: „Wir können nicht rudern. Bei uns ist kein Schulsport erlaubt.“ Im Hinblick auf das Wohl der Schüler und zur Vermeidung des Zusammenbruchs der Struktu- ren, haben einzelne Ruderriegen die Bestimmungen kreativ aus- gelegt. Die Ruderriegen, die den Status eines eingetragenen Vereins haben, haben sich an die Regelungen für das Vereinsrudern gehal- Drastisch waren die Corona-Auswirkungen beim vom Bund Deutscher Schülerruderer (BDSR) ausgerichteten Deutschen Schüler-Rudercup (DSRC) im September 2021 auf der Fulda in Kassel. 77 Meldungen von 14 Schulen für die 13 Vierer- und die zwei Achterrennen waren deutlich weniger als erwartet. 30 Mel- dungen kamen dabei alleine von den Osnabrücker Schulen Caro- linum (20) und Ratsgymnasium (10). Beim Schülerinnen-Achter gab es nur eine Meldung, sodass das Rennen ausfallen musste. Erfreulich waren die 18 Meldungen im Gig-Doppelvierer der WK- III-Jungen. Mit Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein waren nur vier Bundesländer („nördlich des Mains“) vertreten. Die teilnehmenden Schüler haben sich gefreut, endlich wie- der Rennen fahren zu können. Beim Schülerrudertag des BDSR im November 2021 wurde von mehreren Protektoren die Durch- führung des DSRC gelobt. Jürgen Wolff, Protektor am Fried- rudersport | 06-2022 14,95€ Bestellung: Bestellung: Bestellung: post@karl-lappe-verlag.de post@karl-lappe-verlag.de post@karl-lappe-verlag.de

SCHUL - UND JUGENDRUDERN 49 lern während der Pandemie neben einem Zoom-Angebot eine Wettkampfmöglichkeit zu bieten. Dies war so attraktiv, dass Ak- tive anderer Sportarten (Judo, Leichtathletik) auch mitgemacht haben und teilweise inzwischen die Sportart gewechselt haben. Während der Corona-Pandemie wurden mehrere Ergome- terwettkämpfe zeitgleich im Online-Format durchgeführt. Am Besselgymnasium in Minden und am Ratsgymnasium Osnabrück fanden im Dezember 2021 und im März 2022 Wettkämpfe mit je- weils zirka 500 Sportlern statt. Das Besondere: Die Sportler konn- ten deutschlandweit in ihren Schulen beziehungsweise in ihren Vereinen auf Ruderergometern über das Internet miteinander verbunden in Einzel- oder Viererrennen gegeneinander antreten. Die Rennen wurden in Echtzeit ausgetragen und über den Live- stream im Webbrowser konnte man die Rennen verfolgen. Erfolgreichste Schule beim DSRC und bei den Ergometer- wettkämpfen war das Besselgymnasium Minden. Bei der Meister- schaft in Kassel gingen sieben von 14 Titeln nach Minden: fünf an das Bessel- und zwei an das Herdergymnasium. Diese beiden Schulen und das Ratsgymnasium Minden trainieren mit insge- samt zirka 250 Schülern gemeinsam unter dem „Dach“ des Bes- sel-Ruderclubs. Es gibt hier fließende Übergänge zwischen den drei Schulen und dem Verein. Die Einschränkungen durch Coro- na haben nur kaum Spuren hinterlassen. toren Martin Meier und Daniel Bredemeier haben für die Sport- art Rudern transparente Strukturen mit klaren Aufgabenvertei- lungen für die verschiedenen Trainer und Ausbilder geschaffen. Die Angebote für die Fortgeschrittenen gepaart mit intensiver Anfängerwerbung und -ausbildung machen den Standort Min- den momentan zu einem „Leuchtturm“ für das Schülerrudern in Deutschland. Aufbruchstimmung nach Wegfall vieler Beschränkungen Das Wegfallen vieler Beschränkungen im ersten Quartal 2022 hat zu einer allgemeinen Aufbruchstimmung geführt. Die An- fängerwerbung wird nicht nur in den 5. Klassen, sondern auch in den 6. und 7. Klassen durchgeführt. Regional werden niedrig- schwellige Wettkämpfe vorbereitet. Die Ankündigung, dass der Wettbewerb der Schulen „JtfO“ in diesem Jahr wieder stattfindet, wurde bei den Trainingsruderern mit Freude aufgenommen. Es wurden Trainingslager an den Wochenenden und in den Oster- ferien durchgeführt. Das Friedrichsgymnasium Kassel hat mit 60 Schülern für eine Woche im niederländischen Lemmer auf dem Ijsselmeer und den angrenzenden Kanälen trainiert. Für die Som- merferien haben viele Schulen Wanderfahrten terminiert. Das Besselgymnasium ist seit 2007 NRW-Sportschule. Hier harmonieren Leistungssport und Schule miteinander. Die Protek- Es wurden größere Bootsanschaffungen geplant oder getätigt. Einen Gig-Doppelvierer modernster Bauart gab es für die Schü- Ausfahrt: Die Ruderriege des Carolinum fuhr nach Bramsche. rudersport | 06-2022

SCHUL - UND JUGENDRUDERN 51 An die Ketten: Schüler aus Pirna starteten beim (M)Indoorcup. nen dafür sorgen, die Schülerzahlen und die Anzahl der rudern- den Schulen wieder zu erhöhen und die Schüler für einen langen Zeitraum (möglichst „lebenslänglich“) für unsere Sportart zu begeistern. Dann ist es möglich, den Heranwachsenden Kompe- tenzen für das zukünftige Leben zu vermitteln und einen Beitrag zur Entfaltung der Persönlichkeit zu leisten. Die Funktionäre für das Schülerrudern, die der DRJ sowie die Verantwortlichen der Kultusbehörden sollten gemeinsam und „auf Augenhöhe“ diesen sensiblen Prozess begleiten. Um diese Entwicklungen weiter zu begünstigen, ist es erfor- derlich, die Protektoren mit den notwendigen Entlastungsstun- den zu honorieren. Erstrebenswert ist die befristete Bereitstel- lung von 2 – 3 Extra-Stunden, um mit außerordentlichem Einsatz die brachliegenden Strukturen zügig zu reanimieren. Zusätzlich ist die Wertschätzung der Existenz einer Ruderriege an einer Schule durch die Schulleitung, das Lehrerkollegium, die Eltern- und die Schülerschaft, durch die Ehemaligen sowie durch die Öf- fentlichkeit von großer Bedeutung. Eine funktionierende Ruder- riege schärft das Profil einer Schule und macht sie für Kinder und PETER THOLL Eltern attraktiv. Zieleinlauf: Das Jungenachterrennen beim DSRC in Kassel gewann das Besselgymnasium Minden vor dem Carolinum Osnabrück. Coastal-Boats.de Coaching – Boote – Workshops Für Clubs und Alle mit Interesse Mail: Team@rowing-in-europe.com · Tel: 01573.7980.312 · www.coastal-boats.de rudersport | 06-2022

Habt ihr im vergangenen Jahr die Olympischen Spiele geguckt? VIVIEN: Ja, ich habe mit fünf Jahren angefangen zu schwimmen und habe deshalb die Schwimmwettbewerbe angeschaut. Rudern war immer mitten in der Nacht, das haben meine Eltern nicht er- laubt. Habt ihr schon einmal etwas vom Deutschland-Achter gehört? LINUS: Ich habe da mal einen Film zu gesehen. Das ist das Boot, in dem jeder Ruderer nur ein Ruder in der Hand hat. MORITZ: Das gibt es doch auch beim Vierer, oder? Was schätzt ihr, wie lange so ein Achter auf einer 2.000- Meter-Strecke unterwegs ist? CHARLY: Wir sind letztens 5.000 Meter auf dem Ergo gefahren und haben eine halbe Stunde gebraucht. Die Großen sind ja deut- lich schneller und rudern weniger als die Hälfte. Also um die zehn Minuten würde ich sagen. Die Weltbestleistung liegt bei 5:18,38 Minuten ... LINUS: … dann haben die bestimmt auch ne höhere Schlagzahl. Also wir fahren immer 22, Lars wollte immer, dass wir 26 fahren. Worauf kommt es beim Rudern sonst noch an, was ist wichtig? CHARLY: Uns werden immer zwei Dinge gesagt: Wir sollen die Daumen seitlich auf die Griffe legen und den Rücken gerade ma- chen, also nicht so krumm sitzen. Aber da gibt es bestimmt noch ein paar andere Regeln. MORITZ: … nie die Skulls loslassen … VIVIEN: ... und auf den Schlag achten! Also, dass keiner komisch rudert. CHARLY: Also, Schlagmann zu sein, ist auch eine schwere Aufga- be. Wenn der Schlagmann schneller rudert und die anderen nicht, dann muss der mehr auf das Team achten und sich anpassen. VIVIEN: Ist das nicht umgekehrt? Habt ihr ein bestimmtes Ziel, das ihr im Rudern erreichen möchtet? LINUS: Ich möchte Rudern als mein Hobby haben, aber nicht in die Nationalmannschaft. CHARLY: Für mich ist der Spaß das Wichtigste, den möchte ich nicht verlieren. Aber wenn ich die Möglichkeit habe und ich gut genug bin, dann würde ich auch gern in die Nationalmannschaft. Ich will nicht der Beste sein, aber ich will immer so gut sein wie es geht. VIVIEN: Für mich ist auch das Wichtigste der Spaß. Aber ich muss mich auch ein bisschen durchsetzen als einziges Mädchen in un- serer Gruppe. Dieser Club war bis vor wenigen Jahren ein reiner Männerclub, in dem Frauen nicht rudern durften. Wir findet ihr das? LINUS: Nicht so gut. Wenn jemand Rudern als Leidenschaft hat, dann soll man ihn nicht ausgrenzen und sagen: „Das ist aber un- sere Sportart“. Dann dürfte Vivien zum Beispiel nicht mitmachen. Das wäre nicht in Ordnung. CHARLY: … und wir hätten Wiebke nicht! MORITZ: Die Frauen nehmen ja auch an Olympia teil und sind gar nicht so schlecht. Irgendwo müssen sie ja auch üben. SCHUL - UND JUGENDRUDERN 53 Eure Trainerin Wiebke, ist sie streng? ALLE: Nö, nein, manchmal. CHARLY: Eigentlich ist sie nicht streng, aber das kommt auch auf uns an. Wenn wir mal nicht so mitmachen – was nicht so oft vor- kommt – dann lässt sie uns Liegestütze machen. Oder wenn einer zu spät kommt. LINUS: Aber das ist auch nicht streng, das ist doch eher witzig. MORITZ: Ja, das ist mehr ein Ansporn. Macht ihr noch anderen Sport außer Rudern? MORITZ: Ich mache noch zweimal die Woche Basketball. VIVIEN: Ja, ich schwimme noch und bin bei den Pfadfindern. Das kneift sich oft mit dem Rudern, da muss ich mich manchmal ent- scheiden. Beim Bundeslager gehe ich zu den Pfadfindern, aber sonst lieber zum Rudern. LINUS: Ich habe bis vor kurzem Leichtathletik gemacht, aber ich habe aufgehört, weil es mir keinen Spaß mehr gemacht hat. Ich war da drei Jahre, aber der Trainer wusste nicht mal meinen Na- men. Ach, und ich geh noch Segeln. CHARLY: Ich mache noch Judo, Fußball und Baseball… …und wann daddelst du am Handy? CHARLY: Am Handy spiele ich nicht so oft, ich gehe lieber raus und bewege mich. Anders als meine Schwester. Die bevorzugt das Handy. VON KINDERN LERNEN Ein Gespräch mit Kindern ist immer wieder erfrischend und lehrreich. Kinder sprechen Selbstverständlichkeiten und Wahrheiten ohne Scheu aus und haben noch nicht diesen verstellten Blick auf die Dinge. Sie haben die Welt der Erwachsenen noch nicht betreten und leben in ihrer eigenen Vorstellung. Als ich nun mit den Kindern des RC Allemannia zusammensaß, wurde mir das wieder deutlich. Einige Schlüsselbegriffe haben mich zum Nachdenken ge- bracht. Das eine waren die Wörter „Spaß“ und „Teamarbeit“. Allen vier Kindern war das gemeinschaftliche Rudern wichtig, der Spaß an der sportlichen Betätigung, der freundschaft- liche Umgang miteinander. Rudern, das kommt hier zum Ausdruck, kann viel mehr sein als Wettkampf und Leis- tungsvergleich. Rudern hat eine soziale Seite, die Förde- rung der Gemeinschaft und das soziale Lernen in Gruppen. Nicht umsonst haben die Schulen das Rudern als ideales Lernfeld zum Erlernen von sozialer Kompetenz entdeckt. Das andere Wort ist „Freiheit“. „Ich fühle mich im Boot so frei, wenn nicht so viele um mich herum sind und ich mit Gleichguten im Boot bin“, sagt ein Elfjähriger. Hier wird das Gefühl ausgedrückt, wie schön es sein kann, unter Seines- gleichen zu sein. Selbst wenn die Trainerin in der Nähe ist, so sind die Kinder doch auf sich gestellt und können sich ausprobieren und diese Situation genießen. Ich selbst kenne das auch: Im Einer, aber auch im Achter, auf der Alster – um mich herum der Klang des Berufsver- kehrs, die Lichter der Stadt, der ferne Lärm der Feuerwehr- sirenen. Und ich selbst: auf dem Wasser. Lautlos, ruhig, glücklich – und frei. Rudern ist eine Auseinandersetzung mit der Natur und mit sich selbst. Dieses damit verbunde- ne großartige Gefühl lernen bereits Elfjährige beim Rudern kennen und schätzen. THOMAS KOSINSKI rudersport | 06-2022

darunter 356 Kinder – aus bundesweit 55 Vereinen beziehungs- weise Schulen vom Domschulruderclub Schleswig an der Schlei im Norden bis zum TSV Herrsching am Ammersee im Süden so- wie vom RV Zell an der Mosel im Westen bis zum Pirnaer RV an der Elbe im Osten. Die meisten Sportler kamen jeweils vom Ratsgymnasium Os- nabrück (58, 96 und 77). Das größte Teilnehmerfeld gab es im Februar mit 98 Aktiven bei den Jungen des Jahrganges 2010. Es kamen immer über 50 Achterteams in die Wertung. Beim Finale im März waren 490 Sportler dabei. Die deutlichen Lockerungen der Corona-Verordnungen haben nach den Einschränkungen der Wintermonate vermutlich zu einer leichten „Ergo-Müdigkeit“ ge- führt. Die erfolgreichsten Vereine beziehungsweise Schulen waren: LRV Mecklenburg-Vorpommern (16 erste, 8 zweite und 3 dritte Plätze), Bessel RC Minden (13/10/14), Pirnaer RV (10/6/6), Ulmer RC (8/14/6), Weilburger RV (7/6/5) und Schweriner RG (7/4/7). Bei den Para-Athleten gingen fünf von sieben Einzelsiegen an den Berliner RC Hevella. Drei Einzelsiege gab es jeweils für Tilmann Sehrer (Pirnaer RV, Jg. 2008), Marie Gelbert (Weilburger RV, Jg. 2006) und Judith Wargers (Lingener RG, Jg. 1991 – 1972). Bei den Mannschafts- wertungen waren abonniert auf einen Sieg: Schweriner RG (Jungenvierer WKIV), Pirnaer RV (Jungenvierer WKIII) und Bessel RC Minden (Mädchen- vierer WKIII). Ansonsten wechselten die Sieger von Mo- nat zu Monat. Einzelheiten zu den Ergebnissen gibt es unter www.srvn.de . Die beiden Vorsitzenden Marc Hildebrandt (DRJ) und Peter Tholl (BDSR) hatten sich zum Ziel gesetzt, die Teil- nehmerzahlen zu verdoppeln, was auch gelang und teilwei- se sogar übertroffen wurde. Im Sommer 2022 will man über die Fortsetzung nach- Mehrfachsieger: Martin Hohage (Bessel RC Minden) ge- wann im März die Einzel- und die Vierer- sowie die Achter- wertungen der Junioren und der Senioren. SCHUL - UND JUGENDRUDERN 55 Katja Beerscht (Kasteler Ruder- und Kanu-Gesellschaft) war bei allen elf Durchgängen dabei: als Juniorin oft siegreich und jetzt bei den Seniorinnen auf den Medaillenplätzen. denken. Dieser bundesweite Online-Wettkampf parallel zu den großen Ergo-Tagesver- anstaltungen könnte auch in den kommenden Jahren ein attraktives Wettkampfangebot für Kinder und Jugendliche im Winter sein. Marc Hildebrandt bilan- ziert: „Besondere Zeiten erfor- dern gemeinsame Handlungen – Schulter an Schulter – um ein Stück Normalität zu schaffen. Dies ist durch die sehr gelunge- ne Zusammenarbeit zwischen dem BDSR und dem SRVN mit der DRJ gelungen, wofür ich mich herzlich bedanken möch- te. Zudem zeigen die Teilneh- merzahlen, dass man es trotz widriger Umstände schaffen kann, sich außerhalb des Bootes zu messen und sich sportlich zu betätigen.“ Vielleicht lässt sich die erfolgreiche Zusammenarbeit auch auf weitere Bereiche übertragen, um so Synergien zu schaf- fen. Dadurch kann die Attraktivität der Angebote erhöht werden. PETER THOLL Besser gegen Mückenstiche Erhältlich in allen Apotheken PZN: 0582597 Freiluft-Ergo: Marie Gelbert (Weilburger RV) siegte bei den drei Einzelwertungen. rudersport | 06-2022

SCHUL - UND JUGENDRUDERN 57 LARISSA VENT BERUF: Lehrerin TÄTIGKEITEN IM RUDERSPORT: Leistungssporttrainerin im Lüneburger Ruderclub Wiking von 1875 (2014-2021), Landesstützpunkttrainerin in Niedersachsen (2017-2021), Leitende Trainerin im Ruderclub Tegel von 1886 – Berlin (seit 2022) ERFOLGE: DJM-Medaillen VERÖFFENTLICHUNG: Self-efficacy, self-regulation and mathematics performance of com- petitive junior rowers vs. regular students. / Vent, Larissa; Schiemann, Stephan; Freund, Philipp Alexander. In: Zeitschrift für Sportpsychologie , Jahrgang 28, Nr. 4, 10.2021, S. 127-135. Der DRV beschreibt in der Trainingsmethodischen Grund- konzeption die Leistungsvoraussetzungen mit dem rudertechni- schen, konditionellen, taktischen und psychischen Leistungsni- veau (DRV 2017). Die Rolle der psychischen Leistungsentwicklung ist im Nachwuchsleistungssport jedoch sehr klein und bei vielen Trainern nicht etabliert. Können entsprechend ausschließlich die Sportler mit einer bereits hoch ausgeprägten Selbstwirksamkeit und Selbstregulation den besonderen Anforderungen des Leis- tungssports Rudern auf nationaler und internationaler Ebene er- folgreich standhalten? Ist es möglicherweise ein selektiver Effekt für eine erfolgreiche Ruderkarriere im Nachwuchs-Leistungs- sport? Schließlich ist Mentaltraining keine etablierte Einheit auf dem Trainingsplan unserer Ruderer. Mentales Training kann vielseitig in der Mannschaft oder in- dividuell durchgeführt werden und kann zu mehr Selbstbewusst- sein und stabileren Wettkampfleistungen führen. In Abhängigkeit des Zeitpunkts im Saisonzyklus sind verschiedene Schwerpunkte relevant: unter anderem die Zieldefinition und -gliederung, Stra- tegieentwicklung beispielsweise im Umgang mit Anspannungen, Angst und Blockaden, Stärkung des Selbstbewusstseins und Stär- kenanalysen, Entwicklung von Routinen zur Ausrichtung der Konzentration, die Entwicklung eines ausgeprägten Teamgeistes mit gemeinsamen Erfolgszielen, mentales Vorstellungstraining zur Vorbereitung auf gezielte Rennen. Aufgrund des mehrmals belegten Zusammenhangs der Selbst- wirksamkeit und -regulation mit den individuellen Leistungen ist die Relevanz einer systematischen Entwicklung für eine erfolg- reiche sportliche Laufbahn eindeutig. Entsprechend sollte dies in der sportlichen Ausbildung mit den inhaltlichen beziehungsweise physischen Kompetenzen gleichwertig angesehen werden: Wer Leistungen erwartet, sollte nicht bei den bereits gezeigten Leistungen ansetzen, sondern die tatsächlichen Fähigkeiten durch mentale Arbeit aufdecken und weiterentwickeln! Bandura, A. (1998). Self-efficacy. The exercise of control (12th print). New York: W.H. Freeman. Vent, Larissa; Schiemann, Stephan; Freund, Philipp Alexander (2021). Self-efficacy, self-regulation and mathematics performance of competitive junior rowers vs. regular students. In: Zeitschrift für Sportpsychologie , Jahrgang 28, Nr. 4, 10.2021, S. 127-135. UNSERE SONDERHEFTE! Preis: 15,80 € ab 10 Stück 12,80 € A l t e B o o t s h ä u s e r T r a d i t i o n s v e r e i n e M y t h o s A c h t e r D a s W u n d e r v o n M a c o n A n t i ke H o l z b o o t e O l y m p i s c h e s G o l d W e r r y - R u d e r n R o c k u n d R i e m e n pro Exemplar HIER DIREKT BESTELLEN! E i n S o n d e r h e f t v o n rude rspo r t I S B N 9 7 8 - 3 - 9 2 0 8 4 2 - 0 7 - 3 € 0 8 , 5 1 Preis: 19,80 € inkl. 7 Plakate im Format DIN A2 rudersport | 06-2022 HIER DIREKT BESTELLEN!

SCHUL - UND JUGENDRUDERN 59 Jugend – Diversity Bunt wie unsere Flaggen Gender, Queerness, Empowerment – dass diese Themen verstärkter Auf- merksamkeit bedürfen, ist keine Frage; im Rudersport ist die queere Gemein- schaft stark vertreten. Leider mangelt es noch an vielen Stellen an Sichtbar- keit und Offenheit – das wurde in vier Workshops der Deutschen Ruderjugend Anfang des Jahres deutlich. Bereits in der Einführungsveranstaltung füllte sich die Liste, in die die Teilnehmenden ihre Visionen für diverseres Rudern notieren konnten, und in den Folgeveranstaltungen – einem Workshop für Trainingsleitungen, für die U19-Jugend und für das Empowerment von Frauen – wurden etliche weitere Punkte ergänzt. in die Vereine und Landesverbände zu tragen. So etwa ein Diversi- ty-Wörterbuch, in dem Begriffe wie „Diversity“, „queer“ oder „trans- gender“ erklärt werden. Wichtig ist außerdem, dass DRV und DRJ gegen jede Diskriminierung aller Verbandsmitglieder vorgehen und jede Art von diskriminierendem Verhalten eine Strafe nach sich zieht. Eine zentrale, unabhängige Meldestelle für solche Vorfälle soll eingerichtet werden. Nach der Aufnahme von geschlechter-neutralen Kinderrennen bis zur Altersklasse von elf Jahren und der sprachlichen Anpassung des Regelwerks der DRJ für das Kinderrudern stellt sich die Frage nach einem Regelwerk, welches Rudernde, die keinem der binären Geschlechter angehören, einschließt und ihnen die Chance bietet, sportlich aktiv zu sein und sich in Wettbewerben zu messen. Ein zen- trales Ziel ist deshalb die Erstellung eines nicht-binären Meldesys- tems für alle Regatten des DRV und der DRJ, was zugleich eine klare Regelung für transgeschlechtliche Personen beinhaltet. Um Toleranz zu fördern und Vielfalt sichtbar zu machen, scheint „Flagge zeigen“ ein wirksames Mittel zu sein. Lasst uns also alle gemeinsam im Juni – dem „Pride Month“– Flagge zeigen und uns zur Vielfalt bekennen! HANNAH SCHLEUPNER UND PAULA SCHOLZ (DRJ) R eferierende waren auch Expertinnen von „SCHLAU Niedersachen e.V.“ und dem Projekt „Gemeinsam STARK“ (Landessportbund Sachsen-Anhalt), sowie Trainingsleitungen, Aktive sowie andere Personen aus dem Rudersport, die alle Teilnehmenden mit Vorträgen, interaktiven Aufgaben und Diskussionen in kleinen und großen Gruppen durch die Workshops führten. Bei der gut besuchten und von Austausch geprägten Workshop- reihe zeigte sich, dass ein Zusammentreffen von Menschen mit ähn- lichem Ziel, der Förderung von Vielfalt in Vereinen und dem Ver- band, zu vielen Ideen und Projekten führen kann. Das gezielte Em- powerment von Frauen und queeren Menschen, also die Stärkung und Ermächtigung zum selbstbewussten Handeln, steht neben der Förderung der Akzeptanz von Vielfalt weit oben auf der Agenda. Wie groß die Diskrepanz zwischen dem aktuellen Stand des DRV und der Perspektive ist, zeigen die in einem interaktiven Padlet fest- gehaltenen Wünsche und Visionen. Auch die Evaluationen der Ver- anstaltungen fielen dementsprechend aus. Eine Teilnehmerin sagte: „Ich erhoffe mir Änderungen beziehungsweise Verbesserungen nach den Workshops. Es wäre sehr schade, wenn nach diesem vielfältigen Austausch von verschiedenen Gruppen keine Ergebnisse resultieren würden. Dies würde auch falsche Signale senden.“ Diese Worte zeigen, dass vier Video-Seminare nur ein Anfang sein können. In den wenigen Wochen nach dem letzten Workshop formulierten Vertretende von DRJ und DRV klare Visionen und Ziele, die ihren Ursprung in den Anregungen aller Teilnehmenden haben. So zum Beispiel der Wunsch nach weiteren Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, auch analog. Die Im- plementierung des gesellschaftlich bedeutsamen Themas in unsere Lehrgänge für Bundesfreiwilli- gendienstleistende, Jugendleitungen und Jugendli- che, aber auch für Trainingsleitungen ist ein erster Schritt, der zukünftig mehr fokussiert wird, wofür Bildungsträger und Referierende speziell auf den Rudersport zugeschnittene Workshops gestalten. Desweiteren wird an der Bereitstellung von Mate- rial und Informationen gearbeitet, um die Sensibi- lisierung für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt Niemand wird überhört: Alle Teilnehmenden konnten ihre Gedanken festhalten. rudersport | 06-2022

61 Im Rothaargebirge „geboren“, ver- stärkt durch die größeren Neben- flüsse Ohm, Dill und Aar, mündet die Lahn nach zirka 245 km bei Lahnstein in den Rhein. Ab km -11 an der Baden- burg bei Gießen bis km +137 ist die Lahn Bundeswasserstraße und auf dieser Strecke problemlos ruderbar. Oberhalb der Badenburg bis Marburg ist Rudern nicht zu empfehlen, weil zahlreiche Flachwasser- und Engstel- len das Rudern behindern und alle fünf Wehre zum Teil mühsam umtra- gen werden müssten. Das ist wirklich nur etwas für Abenteurer mit robus- tem Bootsmaterial. D ie Lahn, wie sie sich uns heute präsentiert, ist das Ergebnis zahlreicher flussbaulicher Versuche, sie für eine Güterschifffahrt nutzbar zu machen. Im Lahntal wurde unter anderem Erz, Marmor und Kalkstein abgebaut und dafür diente der Fluss als hilfreicher Transportweg. Die erste Schiffbarma- chung erfolgte bereits 1593 – 1599 von der Mündung aufwärts bis nach Diez. Auch die zahlreichen sich ändernden politischen Be- sitzverhältnisse haben dazu beigetragen, dass der Fluss schließ- lich im Laufe der vergangenen zirka 430 Jahre auf den 148 km von der Mündung bis zur Badenburg oberhalb von Gießen in sechs „Schiffbarmachungen“ sein heutiges Gesicht erhalten hat. Badenburg Lahn Gießen Wetzlar Weilburg Limburg Diez Koblenz Lahnstein Bad Ems Nassau R h e i n rudersport | 06-2022

Rudervereine an der Lahn Marburger Ruderverein von 1911 e.V. www.marburger-ruderverein.de Rudern und Sport Steinmühle Marburg e.V. www.rudern-steinmühle.de Wassersportverein HELLAS 1920 Gießen e.V. (km -7,3) www.wsv-hellas.de keine LUMA-Übernachtung, zelten auf Vereinswiese, Bootslagerung möglich Gießener Rudergesellschaft 1877 e.V. (km -5,5) www.giessener-rg.de LUMA-Übernachtung und Bootslagerung möglich Gießener Ruder-Club „HASSIA“ 1906 e.V. (km -5,5) www.rc-hassia.de keine LUMA-Übernachtung, Bootslagerung möglich Rudergesellschaft Wetzlar 1880 e.V. (km +11,3) Einmalig in Deutschland: Der Schiffstunnel bei Weilberg. Hier gilt für Rudrerer Rettungswestenpflicht. WANDERRUDERN & REISEN 63 www.rgwetzlar.de LUMA-Übernachtung möglich Weilburger Ruderverein 1905 e.V. (km +39,6) www.weilburgerruderverein.de LUMA-Übernachtung und Bootslagerung möglich Limburger Club für Wassersport 1895/1907 e.V. (km+76,4) www.lcw-limburg.de LUMA-Übernachtung möglich Ruder-Verein Bad Ems e.V. (km +124,3) www.rv-bad-ems.de LUMA-Übernachtung möglich, Boote können ausgelie- hen werden Rudergesellschaft Lahnstein 1922 e.V. (km +137,0) www.rg-lahnstein.de LUMA-Übernachtung möglich, Bootslagerung nur in beschränktem Umfang möglich. Nebenbei bemerkt hat es bis zirka 1938 mitten in Wetzlar eine Schleuse gegeben, über die man von der Lahn in die Dill und über die Dill-Mündung wieder in die Lahn gelangte. Leider hat man diesen Wasserweg zugeschüttet. Noch in den 70er-Jahren stand das Schleusenwärterhaus „auf dem Trockenen“ im Stadtgebiet. Deshalb gilt die Empfehlung, eine Lahnfahrt unterhalb von Wetzlar zu starten. Eine gute Einsatzstelle befindet sich in Wetz- lar am Parkplatz „Bachweide“, dort können Boote über eine Schräge/Rampe gut eingesetzt werden. Im übrigen ist eine Stadtführung durch Wetzlar zum Thema „Goethe in Wetzlar“ und eine Domführung sehr zu empfehlen. An der Hospitalbrücke am linken Ufer steht außerdem ein Ruder- denkmal, das anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der RG Wetz- lar aufgestellt wurde (eine Stiftung der Firma LEITZ). Bootsgassen an der Lahn gibt es zwischen Gießen und Wetz- lar (3), die alle getreidelt werden sollten, vor allem die mittlere in Gießen bei den Stadtwerken, die zu einer Borstengasse umge- baut wurde. Alle anderen Wehre bis Runkel sind mit Selbstbedie- nungsschleusen versehen. Ab Limburg bis zur Mündung sind die Schleusen (noch) mit Schleusenmeistern besetzt. Achtung! Die Schleuse Limburg ist erst ab 10 Uhr morgens besetzt. In der Zeit vom 1. November bis 31. März sind alle Schleusen und Bootsgas- sen gesperrt. Auf der Strecke zwischen Wetzlar und Steden (km +70) gibt es immer wieder steinige Flachwasserstellen mit flotter Strömung, so dass erfahrene Wanderruderer das Steuer überneh- men sollten. Gegen Mücken, Mosquitos, Sandflöhe und Zecken Erhältlich in allen Apotheken PZN: 11287482 rudersport | 06-2022

WANDERRUDERN & REISEN 65 Bootsgasse am Klinkelschen Wehr in Gießen, nicht ständig durchströmt Bootsgasse an den Stadtwerken Gießen, Borstengasse ständig durchströmt Bootsgasse bei Heuchelheim, ständig durchströmt Schleuse Dorlar, SB Schleuse Naunheim, SB 1. Wehr Wetzlar, Bootsgasse für Ruderboote nicht nutzbar 2. Wehr Wetzlar, rechts Umtragestelle Schleuse Altenberg, SB 1. Schleuse Oberbiel, SB, ca. 1 km weiter 2. Schleuse, SB Schleuse Löhnberg, SB Die Lahn von der Badenburg bis Lahnstein Bootsgassen, Umtragestellen, Schleusen, Schiffstunnel -5,3 -4,7 -2,5 +4,6 +8,1 +11,5 +12,0 +16,5 +19,2 +36,3 + 39,4 Schiffstunnel Weilburg, Rettungswestenpflicht! daran anschließend eine Doppel-Schleuse, SB Schleuse Kirschhofen, SB, !vor dem Schleusentor +45,4 starker Sog zum Kraftwerk Schleuse Fürfurt, SB +50,8 +62,8 Schleuse Villmar, SB Schleuse Runkel, SB, !starker Schwall vom linken +65,3 Wehr in der Ausfahrt! Beginn des Kanals zur Schleuse Limburg, +76,0 ab hier keine SB mehr +83,2 Schleuse Diez + 91,8 Schleuse Cramberg + 96,7 Schleuse Scheidt +105,8 Schleuse Kalkofen +113,0 Schleuse Hollerich +117,5 Schleuse Nassau +122,3 Schleuse Dausenau +126,4 Schleuse Bad Ems +129,3 Schleuse Nievern +133,1 Schleuse Ahl +135,9 Schleuse Niederlahnstein eingestellt, weil man möglicherweise eingesehen hatte, dass man sich mit diesem Projekt übernehmen würde. Aber das wär’s doch gewesen für uns Ruderer. Wir könnten heute von Gießen an der Lahn direkt bis nach Bremerhaven rudern. HEIKE RODENBURG Literatur: Martin Eckoldt (Hrsg.): Flüsse und Kanäle – Die Geschichte der deutschen Wasserstraßen, DSV-Verlag Vogelperspektive: So malerisch windet sich die Lahn bei Bad Ems durch das Tal. deten Tal liegt und mit seiner Architektur ein wenig an Karlsbad erinnert. Eine Standseilbahn geht auf eine Hügelkuppe und von dort hat man einen grandiosen Ausblick ins Lahntal. Ansonsten ist der Ort überhaupt sehenswert und als Etappenort zu empfehlen. Auch der RV Bad Ems bietet LUMA-Übernachtung an. Nun sind es nur noch 13 km bis nach Lahnstein und der Lahn- mündung in den Rhein. Aber diese Strecke sollte man nicht un- terschätzen, dafür braucht man einiges an Zeit. Es sind immerhin vier Schleusen zu überwinden, mit entsprechenden Wartezeiten. In Lahnstein liegt wenige 100 Meter vor der Mündung am rechten Ufer die RG Lahnstein. Hier kann man gut Boote verladen und auf LUMA im Bootshaus übernachten. Der Lagerplatz für Boote ist allerdings beschränkt; die Boote können aber auch in der Grünan- lage am Steg abgelegt werden. Es ist schon erstaunlich, welche Anstrengungen im Laufe der Jahrhunderte unternommen wurden, um die Lahn für die Schifffahrt nutzbar zu machen. Auf dem Weg von der Badenburg (das Ende der Schiffbarmachungen) bis nach Lahnstein sind ein Schiffstunnel, zwei Umtragestellen, drei Bootsgassen und 23 Schleusen zu überwinden, davon eine Doppel-Schleuse. Die Lahn wird Jahr für Jahr von zahlreichen Wanderruderern befahren und ist besonders bei den Rhein-Vereinen beliebt, weil man von der Lahnmündung aus auf dem Rhein direkt bis nach Hause rudern kann ( jedenfalls stromabwärts). Und dann gab es noch ein Projekt, die Lahn mit der Weser zu verbinden: Landgraf Carl von Hessen plante 1710 einen Kanal von Bad Karlshafen über die Diemel nach Kassel zu bauen. Von dort sollte der sogenannte „Carls-Kanal“ über die Flüsse Fulda, Schwalm, Wohra und Ohm bis an die Lahn führen, um Anschluss an den Rhein zu schaffen. Der Bau wurde 1716 in Bad Karlshafen die Diemel aufwärts begonnen, wo wir heute die erste Schleuse noch sehen können. Aber 1730 wurden die Arbeiten dann doch www.sportwerft.de www.rowonair.info www.coastalrowing.info Mehr rudern & erleben - auch als Doppelzweier! Erweitere Deine Möglichkeiten unterwegs und zwischendurch mit Deinem Airskiff / Ruderboot in nur zwei Taschen im Auto, in Bus & Bahn, mit dem Fahrradanhänger oder im Fluggepäck Deinem Airskiff / Ruderboot im Auto, in Bus & Bahn, mit dem Fahrradanhänger oder im Fluggepä rudersport | 06-2022

VORSCHAU 67 Idylle: Rudern, wenn morgens noch Nebelschwaden wabern. VOR SCHAU 7 rudersport | 06-2022 Wanderruder-Statistik I Die Wanderruderer haben wieder ihre Kilometer addiert. Wir veröffentlichen den ersten Teil der Rangfolge EM in München Wir blicken voraus auf die European Championships auf der Olympia-Regatta-Anlage in Oberschleißheim Jubiläum am Neckar Der Heidelberger Ruderklub feiert sein 150. Stiftungsfest – wir graben in der Historie des Vereins Vor 60 Jahren ... ... machten sich fünf junge Athleten der Bonner Ruder-Gesellschaft auf den abenteuerlichen Weg rheinabwärts bis nach Amsterdam t a v i r p , b y e S . D : s o t o F