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„Die Vereine haben genügend Spielraum“

Bootsschäden – wer zahlt?       Teil 2 - die Versicherung

Zu versicherungstechnischen Fragen rund um Bootsschäden traf sich rudersport mit Dirk Scheyer, Olympiasieger von 1968 im Achter, und seinem Sohn Mark Schreyer, ehemaliger Leiter der Ruderakademie Ratzeburg und auch mehrfacher WM-Teilnehmer. Beide leiten das Versicherungsunternehmen Fester & Co. in Hamburg.

 

Dirk und Mark Schreyer, was verbirgt sich hinter dem Versicherungsmakler Fester und Co.?

Mark Schreyer: Wir sind Versicherungsmakler über mehrere Generationen und fühlen uns als ehemalige Leistungssportler natürlich mit dem Rudersport weiter eng verbunden. Deshalb ist auch einer unserer Spezialgebiete bei Fester und Co. der Sport, die Sportversicherung und Veranstaltungen rund um den Sport, insbesondere natürlich dem Rudersport. Wir versichern aber nicht nur Rudervereine, sondern auch die Verbände und Werften und weltweite Transportaufkommen.

Dirk Schreyer: Eigentlich wollte ich in meinem geschäftlichen Umfeld nie mit meinem Hobby, dem Rudern, konfrontiert werden. Das ließ sich aber nur zwei, drei Jahre durchhalten, da einfach zu viele Anfragen aus den Rudervereinen kamen. Und dann haben wir genau das Gegenteil gemacht, nämlich eine vernünftige Versicherungsabsicherung für Rudervereine entwickelt, die immer wieder verfeinert und an die aktuelle Entwicklung angepasst werden. Seitdem ist dies für uns so etwas wie ein lieb gewonnenes Kind.

Wie viele Rudervereine sind bei Ihnen versichert?

Mark Schreyer: Rund zwei Drittel aller deutschen DRV-Mitgliedsvereine haben bei uns Versicherungen abgeschlossen. Mit dem zur Bootskasko-Versicherung bestehenden Rahmenvertrag konnten wir  auch eine „Solidargemeinschaft“ für alle zu diesem Vertrag versicherten Vereine erreichen. Wir können, wenn zum Beispiel in einem Jahr das Schadenaufkommen besonders hoch ist, die Prämien variabler und moderater anpassen, was in beide Richtungen, je nach Schadenverlauf, bereits mehrfach erfolgt ist. Gegenüber den Versicherern haben wir mit dieser Größe auch eine gewisse Marktmacht.

Dirk Schreyer: Aus den Vereinen hören wir häufiger: „Ja, ihr wollt mit uns ja nur Geld verdienen “, denn einige Vereine empfinden die Prämien als hoch, die sie für Ihre Boote, Riemen und Skulls, Motorboote und Motoren zahlen müssen. Der Erfolg unseres Geschäftsmodells beruht zum großenTeil darauf, dass wir aufgrund unserer Erfahrung und unseres Wissens mit einem Konsortium von Versicherern eigene Versicherungspolicen entwickelt haben, um genau das zu versichern, was ein Ruderverein benötigt. Für uns ist das ein lebendiges Konstrukt, das sich aus bislang 5.000 Schadensfällen entwickelt hat. Es ist bestimmt auch ein Vorteil, dass auch unsere Mitarbeiter wissen, was ein Skull oder ein Ausleger ist und dass ein Ruderboot andersherum fährt als ein Kanu.

In den Vereinen fehlt oft das Wissen, ob und wie man seine Boote versichern kann und soll, obwohl dies eigentlich zum Tagesgeschäft gehört.

Dirk Schreyer: Das ist leider so, obwohl wir seit vielen Jahren informieren, Seminare anbieten und jede Frage, die uns gestellt wird, beantworten. Aber in den Vereinen wechseln aufgrund der Ehrenamtlichkeit die Funktionsträger häufig und dabei geht immer Wissen verloren. Wir fangen zwar nicht immer wieder bei Null an, aber auch in diesem Gespräch ist es so, dass es keine Frage gibt, die in den vergangenen Jahren nicht schon im rudersport von uns beantwortet wurde.

Mark Schreyer: Dabei ist es eigentlich nicht so schwierig: Man muss unterscheiden zwischen den beiden großen Bereichen Kasko und Haftpflicht. Im Prinzip ist das wie bei der Autoversicherung. Es gibt die Haftpflicht, die den Schaden des Unfallgegners reguliert und es gibt die Kaskoversicherung, die den eigenen Schaden ausgleicht. Und da gibt es verschiedenen Abstufungen von der Teilkasko- bis zur Vollkaskoversicherung. Bei der Versicherung von Booten ist das nicht anders. Wir bieten eine Kaskoversicherung, die alles ums Boot komplett absichert. Vom Reintragen ins Wasser, über das Rudern auf dem Gewässer oder Bootstransporte zu   Regatten oder Wanderfahrten. Ob das Boot vom Bock fällt, ob der Ruderer beim Tragen die Bordwand beschädigt, ob er auf dem Wasser gegen eine Boje fährt, all diese möglichen Gefahren sind durch die Wassersport-Kaskoversicherung als „All- Gefahren-Deckung“ berücksichtigt. Im Rahmen dieser Versicherung tauchen auch kaum Fragen und Probleme auf. Kompliziert wird es immer erst dann, wenn bei einem dieser Schäden Dritte ins Spiel kommen, zum Beispiel wenn ein fremdes Boot beschädigt  oder ein Schwimmer verletzt wird. Dies sind dann typische Haftpflichtschäden. Dafür bietet unsere Kaskoversicherung keinen Versicherungsschutz. Diese Schäden laufen generell über die allgemeine Sportversicherung der Landessportbünde. Deshalb ist es auch wichtig, dass ein Verein Mitglied im Ruderverband ist, denn sonst besteht  hier kein Versicherungsschutz. Man sollte allerdings wissen, dass bei dieser Haftpflicht-Sportversicherung der ARAG begrenzte Deckungssummen vereinbart sind und nur Ruderer des versicherten Vereins, die in vereinseigenen  Booten rudern, versichert sind.

Um es einfach zu halten: Wenn ich in einen Ruderverein bin oder eintrete, welche Versicherung sollte ich abgeschlossen haben?

Mark Schreyer: Keine. Jedenfalls dann nicht, wenn der Verein seine Sach- und Vermögenswerte wie etwa seine Boote selbst versichert hat. Besteht diese Versicherung nicht, haftet bei einem Schaden der Verursacher und das ist dann in der Regel das Mitglied. Wollen Sie das ausschließen, müssten Sie sich vom Verein schriftlich bestätigen lassen, dass Sie im Schadensfall nicht belangt werden.

Kann ich mich in einer solchen Konstellation auch selbst versichern gegen mögliche Schadensfälle?

Dirk Schreyer: Für Vereinsboote geht das nicht. Das heißt, das Risiko und der eigene Schaden blieben bei Ihnen hängen. Die Regulierung von Ansprüchen Dritter wäre durch die obligatorische Sportversicherung des Vereins denkbar.  Möglich wäre dies vielleicht noch über den Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung, die ohnehin viele bereits haben. Aber man muss da aufs Kleingedruckte achten und einen Versicherer finden, der diese Risiken auch tatsächlich abdeckt. Dies ist bei vielen Versicherungen heute nicht mehr der Fall.

Spielen wir es durch: Ich rudere im Vereinsboot in meinem Revier und verursache schuldhaft einen Unfall mit einem Kanu. Wer zahlt?

Dirk Schreyer: Zunächst gibt es einen Haftpflichtanspruch des geschädigten Kanufahrers gegen den Ruderverein, der im Rahmen der Haftpflichtversicherung des Landessportbundes abgewickelt wird. Je nach Eindeutigkeit der Schuldfrage und der Beurteilung der Haftung wird dann der Anspruch anerkannt, der Anspruch abgelehnt oder bei Gericht verhandelt. Da liegt jeder Fall ein bisschen anders. Das eigene Boot wiederum ist durch die Kaskoversicherung abgesichert, in jenem Fall übernimmt der Versicherer die Reparaturkosten oder erstattet im Totalschadenfall die vereinbarte Versicherungssumme. bei  Wenn keine Versicherung besteht, muss der Schaden vom Verein selbst getragen werden.

Und das bedeutet, dass diese Kosten letztlich auf mich als Ruderer und Schadenverursacher zurückfallen.

Dirk Schreyer: Und genau deshalb empfehlen wir diese Versicherung. Eine Vereinsführung, die ihre Mitglieder binden und neue gewinnen will, wird es sehr schwer haben, wenn sie ihren Mitgliedern erklärt, dass alle Schäden –  vom gebrochenen Skull bis zum besagten Bootsschaden – nicht vom Verein, sondern von den einzelnen Mitgliedern zu begleichen sind. So kann man etwa Jugendliche nicht für das Rudern begeistern, aber auch keine Erwachsenen.

Aus Ihrer Sicht sind die vielen kleinen und großen Streitigkeiten in den Vereinen, wer denn nun zahlen soll, eigentlich ganz einfach zu lösen, indem der Verein eine Kaskoversicherung für alle Boote abschließt. Wird das nicht ein bisschen teuer?

Mark Schreyer: Man muss nun nicht gleich den gesamten Bootspark versichern. Neue Boote und bis zu acht bis zehn Jahre alte Boote sollte man versichern, den alten Holzvierer, der vielleicht noch 1.000 Euro wert ist, dagegen nicht. Die versicherten Boote sollte man zum Neuwert versichern, sprich zu dem Preis, der für die Anschaffung gezahlt wurde. Denn sonst erhält man nur einen gestaffelten Zeitwert und der deckt nicht die Kosten für die Reparatur bzw. Anschaffung eines neuen Bootes, zumal die Bootspreise ja auch steigen." Grundsätzlich aber bestimmt der Ruderverein selbst die zu wählende Versicherungsphilosophie, die sich aus der jeweiligen Bootsparkerfahrung ergibt.

Welche Kosten kommen da auf einen Verein zu?

Mark Schreyer: Als Orientierung können Sie jährlich mit 1 bis 1,3 Prozent pro 1.000 Euro Versicherungssumme rechnen. Ein Boot von 25.000 Euro kostet also gut 325 Euro im Jahr. Ein Verein versichert natürlich mehr als ein Boot, aber es gibt da ja auch Unterschiede zwischen Großvereinen, mittleren Vereinen und Kleinstvereinen, die ganz anderes rechnen. Die Großvereine, die wir bei uns versichern, zahlen im Schnitt zwischen 9.000 und 13.000 Euro. Bei 800 Mitgliedern sind das pro Mitglied 94 Cent bis 1,62 Euro pro Monat, die dafür vom Vereinsbeitrag aufgewendet werden.

Dirk Schreyer: Die Kosten für die Prämie sind auch nur die eine Seite. Die andere sind die Leistungen. Hier muss man genau vergleichen. Es gibt zum Beispiel Versicherungspolicen, die schließen im Kleingedruckten Schäden, die auf Regatten entstehen  aus. Auf solche Ideen muss man erst einmal kommen! Durch solche Policen – meist direkt von Versicherern - entstehen bei den Vereinen dann Zweifel, ob es überhaupt richtig ist, eine Versicherung abzuschließen. Letztlich erklärt der unterschiedliche Deckungsumfang auch die unterschiedlichen Höhe der Prämien: Hier werden oft Äpfel mit Birnen verglichen.

Im Wanderrudern sitzen häufig Leute aus unterschiedlichsten Vereinen in den Booten. Müssen die sich Sorgen machen um Versicherungsschutz bzw. Haftung für Bootsschäden?

Dirk Schreyer: Viele Vereine fahren mit ihren Bootsanhängern durch ganz Europa, rudern auf fremden Gewässern und lassen ihre Boote über Nacht am Ufer irgendwo liegen. Das ist Vereinsvermögen, das im Grunde, ohne Bootskasko-Versicherung,  nicht gesichert und versichert ist. Das gilt genauso für die Rennboote der Vereine

auf den Regattaplätzen. Hier ist die Verantwortlichkeit der Vereinsführung gefordert, das Vermögen des Vereins zu schützen. Nicht umsonst gibt es eine Vermögenshaftpflichtversicherung für Vereinsvorstände, weil damit Regressforderungen, die auf die Vereinsführung zukommen können, wenn versäumt wurde, solche Versicherungen fürsorglich abzuschließen.

Sicherlich wird es keine Verpflichtung des Vereins auf Abschluss einer Versicherung geben…

Mark Schreyer: Richtig. Aber die Vereine haben genügend Spielraum. Es geht nicht um die Entscheidung: Schließen wir eine Wassersport-Kaskoversicherung ab oder nicht, sondern welcher Art ist die Versicherung, welchen Umfang hat sie und was wird an Risiken abgedeckt und was nicht?

Zurück zum Wanderrudern. Kann es da teuer werden im Schadensfall für den Teilnehmer?

Dirk Schreyer: Wenn der DRV mit eigenen Booten auf Wanderfahrt geht, sind diese versichert. Bei einer Vereinsfahrt sollten Sie sich vorab erkundigen, ob der Verein die Boote versichert hat, und zwar auch für fremde Ruderer, die nicht Vereinsmitglied sind.

Mark Schreyer: Für diese Wanderboote können die Vereine eine kurzfristige Versicherung mit einer Laufzeit bis zu zwei Monate abschließen, um Sicherheit zu haben und gleichzeitig Prämien einsparen zu können.

Wenn ein Verein nun brav seine Versicherungen abschließt und alle Risiken abdeckt, fördert er damit nicht insgeheim eine Vollkasko-Mentalität unter seinen Mitgliedern. Wer sicher sein kann, dass alle Schäden vom Verein übernommen werden, verliert womöglich den sorgsamen Umgang mit dem Material und die Verantwortlichkeit, es zu schützen.

Mark Schreyer: Diese Gefahr besteht. Aber die Vereinsvorstände sind ja nicht dumm. In der Ruderordnung können sie ja bestimmte Punkte festlegen und regeln wie beispielsweise nicht im Dunkeln zu rudern oder Anfängern nicht den Zugang zu allen Booten zu gewähren, damit minimieren sie ja auch die Risiken. Manche Vereine legen auch eigene Selbstbeteiligungen bei einem verursachten Schaden fest – selbst wenn diese in der Versicherungspolice so gar nicht abgeschlossen wurde. So können sich die Vereine finanziell ein wenig entlasten und die Schadenverursacher mit ins Boot holen.

Dirk Schreyer: Ich bin nicht ganz dieser Meinung, denn ein Vereinsmitglied, das seinen Beitrag zahlt, sollte sich darauf verlassen können, nicht für alle möglichen Schäden extra zur Kasse gebeten zu werden. Das widerspricht dem Gemeinschaftsgedanken. Aber ich halte es für sinnvoll, dass sich nach einem Schadenereignis  alle Beteiligten hinsetzen und eine Art Protokoll anfertigen über das, was genau geschehen ist. Damit werden sich die Schadensverursacher noch einmal der Vorgänge bewusst, die zum Schaden geführt haben, und der Vereinsvorstand hat mit dieser Dokumentation eine Grundlage, auf die er sein weiteres Handeln gründen und auch Rückfragen stellen kann. Nicht zuletzt ist ein solches, von allen Beteiligten zu unterschreibendes Protokoll, Grundlage für eine Schadenmeldung an den Versicherer.

Das Gespräch führte Thomas Kosinski