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Aktuelles zum Thema Rudersport.

Rudern – Balsam für Körper, Geist & Seele

Rudern als Breitensport und Wanderrudern spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung körperlicher und psychischer Gesundheit und sind neben dem Leistungsrudern im DRV absolut förderungswürdig.

Seit über 30 Jahren bin ich als Psychiaterin und Psychotherapeutin tätig, seit erst sechs Jahren bin ich beim Rudersport: auf dem Rhein, aber auch im Rennachter in Köln-Fühlingen aktiv in der Rudergesellschaft Benrath, wo neben dem Leistungsrudern das Rudern als Breitensport und das Wanderrudern einen hohen Stellenwert haben. Hier erlebe ich, wie wohltuend Rudern ist - und das ganz besonders nach den Monaten im Lockdown.
Dabei spielen viele Aspekte eine Rolle, die in Studien über den Zusammenhang zwischen Sport und psychischer Gesundheit untersucht wurden. Ich möchte diese in Bezug auf Rudern als Breitensport hier verdeutlichen.

Mannschaftsrudern stärkt die Verbundenheit und verhindert Isolation

Das in Benrath gelebte regelmäßige Treffen mit sechs offenen Terminen pro Woche, um gemeinsam auf dem Rhein oder am Unterbacher See zu rudern, gibt uns Tages- und Wochenstruktur. Wir erleben als Mannschaft, als Gemeinschaft, was Verbundenheit miteinander und Verantwortung füreinander bedeutet. Sitzt man einmal zusammen im Boot, wird gemeinsam gerudert, unabhängig von Alter, Erfahrung oder körperlicher Disposition. Wir lassen keinen zurück, aber es kann sich auch keiner zurücklehnen. So werden Isolation und Einsamkeit verhindert, Motivation und Anstrengungsbereitschaft erhöht.

Gemeinsames Rudern stärkt Toleranz und Selbstakzeptanz

In einem Boot kommen viele verschiedene Charaktere, Altersgruppen und Leistungsniveaus zusammen. Das fördert die Toleranz. Wer hat nicht schon einmal innerlich die Augen verdreht ob der Bootsbesatzung. Es verbessert aber auch die Selbstakzeptanz, wenn andere mal wieder fitter sind oder technisch sauberer rudern als man selbst. Selbstdisziplin ist gefordert zum Beispiel beim Bootstransport mit anzupacken, das Boot nach der Benutzung ordentlich zu putzen und sich nicht vor ungeliebten Arbeiten zu drücken. Das gemeinsame Tun stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit: Wenn ich mir etwas vornehme, kann ich es auch schaffen. Dies ist eine wertvolle Prophylaxe gegen Depression.

Im Training erfährt jeder Erfolg, aber auch seine Grenzen

Training ohne übertriebene Leistungsgedanken führt zu Erfolgserleben und Bestätigung. Die Frustrationstoleranz wächst, denn natürlich klappt nicht alles, was wir uns vornehmen. In diesen Situationen erleben wir immer wieder neu unsere Grenzen – mit Muskelschmerzen, Blasen an den Händen und wehem Hintern –, aber meist auch deren Überwindung. Denn am Schluss kommen wir nach gemeinsamer Anstrengung doch gut immer wieder an.

Gemeinschaft: Das psychische Wohlbefinden wird gestärkt. Foto: Archiv

Rudern stärkt Achtsamkeit und das Naturerleben

Auf dem Wasser begegnen wir der Natur in ihren vielen Aspekten: Pflanzen und Tiere in unterschiedlichsten Landschaften und bei sich immer wandelndem Wetter. Freude und Dankbarkeit erfüllen mich immerzu aufs Neue, wenn ich auf Augenhöhe mit Gänsen, Reihern und Kormoranen rudere. In der Gleichförmigkeit der Bewegung und der Stille der unmotorisierten Fortbewegung wird auch der meditative, beruhigende Aspekt des Ruderns spürbar. Der Respekt vor der Natur und ihre Erhaltung gehören zum Rudersport untrennbar dazu. Diese Achtsamkeit im Umgang mit der Natur und das Selbsterleben als Teil der Schöpfung tragen zur eigenen psychischen Gesundheit bei.

Wanderrudern stabilisiert das psychische und körperliche Wohlbefinden

Insbesondere auf Wanderfahrten lernt man neue Flüsse und Gegenden kennen und begegnet anderen Ruderern, was Abwechslung und Freude am Austausch bringt und Offenheit erfordert.  In vielen Vereinen spielt auch das kulturelle Leben eine große Rolle, insbesondere auf Wanderfahrten, aber auch am Heimatort. All dies sind vielfältige Möglichkeiten des gemeinsamen Feierns, Lernens und der Erweiterung des Horizonts. Fachlich ausgedrückt führen diese Faktoren zu einer Förderung der Ich-Funktionen, also der Fähigkeiten, die Menschen benötigen, um mit sich und ihrer Umwelt gut zurecht zu kommen. Außerdem tragen sie bei zu einer Steigerung der Resilienz, also der Fähigkeit, gesund und widerstandsfähig zu bleiben. Hierdurch kommt es zu einer Stabilisierung oder Verbesserung des psychischen und körperlichen Befindens.

Rudern als Breitensport ist eine zentrale Verbandsaufgabe

Rudern als Breitensport stellt eine wichtige Möglichkeit dar, die körperliche und psychische Gesundheit von Menschen aller Altersgruppen zu fördern und zu erhalten. Bei der Gewichtung und Akzeptanz des Breitensports und des Wanderruderns innerhalb des Verbandes sollten diese Aspekte viel stärker in den Blick genommen und gefördert werden. Wenn die Rolle des Breitensports im Verband gestärkt ist, kann auch positiver Einfluss auf die Politik genommen werden, zum Beispiel im Hinblick auf den Erhalt von Wanderrudergebieten, Schleusen und der Förderung von Gewässern als touristische Gebiete.

Alexandra Dithmer (Die Autorin ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in Monheim am Rhein)