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PotAS Abschlussbericht Weckruf

Die Kommission zur Analyse des deutschen Spitzensports hat mit ihrem 2020 veröffentlichten Zwischenbericht zu einem Aufschrei in der Ruderszene gesorgt: letzter Platz im Ranking der Sportarten im Rennen um finanzielle Mittel. Nun ist alles besser – aber nur ein wenig und auch nur auf den ersten Blick.

 

Nicht irgendwo im letzten Viertel der Sportverbände, sondern auf dem letzten Platz fand sich der Deutsche Ruderverband im PotAS-Ranking 2020 wieder. Auf der gegenüberliegenden Seite der „Tabellenführer“, also ganz vorn: Badminton. Wie konnte das sein?

Schließlich hatten die Netzakrobaten im Gegensatz zu den Ruderern noch nicht ansatzweise eine olympische Medaille in Reichweite, während Rudern doch eine der Vorzeigesportarten der Olympischen Spiele ist. Des Rätsels Lösung: Der erste PotASBericht war nur ein Zwischenbericht, in dem nur die Strukturen und das Kaderpotential in seiner Entwicklung beleuchtet wurden, und so flossen Leistungen gar nicht ein.

Nun ist der Abschlussbericht relativ zeitnah nach den Olympischen Spielen von Tokio veröffentlicht worden. Die sportliche Bewertung liegt vor, und schon geht es auf den Platzierungen munter durcheinander; Rudern hat auf Platz 18 von 24 nun acht andere Sportarten hinter sich gelassen, allerdings steht Badminton immer noch drei Plätze weiter oben. Angeführt wird die Rangliste von den Verbänden für Leichtathletik, Tischtennis und Reiten.

„Das Ergebnis des Deutschen Leichtathletik-Verbandes zeigt, dass das Ausbleiben der ganz großen Erfolge bei Olympischen Spielen nicht automatisch zu einem schlechten Abschneiden bei der PotAS-Evaluation führt“, sagt Prof. Dr. Urs Granacher, Leiter der Kommission in der Pressekonferenz. Und so ist es auch im Fall Rudern. Natürlich waren nur sieben Disziplinen in Tokio besetzt, also die Hälfte aller olympischen Bootsklassen. Da lag es bei Abschneiden des deutschen Teams mit zwei Silbermedaillen quasi in der Luft, wieder schlecht bewertet zu werden und am Ende der Liste zu verbleiben – genau das ist allerdings nicht geschehen.

Denn das System bewertet eben nicht nur die olympischen Medaillen. Bei den Wettkämpfen werden die Erfolge deutscher Athleten in Relation zu den anderen Nationen gesetzt, und das für die Plätze 1-8 eines Wettkampfs. Mehr noch: Auch vorolympische und Vorbereitungswettkämpfe flossen in die Bewertung ein. Und hier konnte der DRV Punkte sammeln, die so wertvoll waren, um in der Gesamttabelle zu klettern. Am System konnte binnen der kurzen Zeit nicht mehr geschraubt werden; von der Bewertung der Verbandsstruktur hat man sich vom 26. auf den 24. Platz gezogen. Bei den Kriterien zur Kaderstruktur und Leistungsentwicklung ging es dafür mit dem Fahrstuhl deutlich nach oben: Von Rang 23 auf 17 steigerten die Sportlerinnen und Sportler den Wert ihrer Mühen.

Den dicken Bonus erntete der DRV aber im Kriterium Erfolg, bei dem der Verband – man lese und staune – als siebtbester Verband aus der Analyse hervorgegangen ist. Die von Granacher erwähnten Leichtathleten hatten sich direkt davor platziert, und den Sieg in der sportlichen Konkurrenz trugen unangefochten die Reiter davon, die in Tokio alle anderen Nationen dominierten. Sie stiegen am weitesten auf, von Platz 12 im Vorab-Bericht bis zur dritten Position in der aktuellen Publikation.

Und das ist der Knackpunkt: Das Dominieren muss gelingen, denn im Bereich Erfolg geht es um Prozentzahlen gegenüber den anderen Beteiligten. 76,82 Prozent  sind es bei den Reitern, 36,01 Prozent für den DRV und knapp davor 36,48 Prozent im Fall Leichtathletik. Weil das aber auch in den meisten anderen Sportarten nicht funktioniert hat, bleibt am Ende des Tages die These stehen „Wir sind deshalb etwas besser geworden, weil viele andere noch schlechter waren.“ 19 Verbände haben sich in ihren Erfolgsquoten hinter dem Ruderverband eingereiht, alle mit unter 35 Prozent.

Jubeln ist also ganz und gar nicht angesagt, denn trotz der Verbesserung ist das Ergebnis ein Weckruf. Analysiert man nämlich die Details, sieht man, wie einige Sportverbände punktuell mit Disziplinen sowohl glänzen als auch verlieren – der Schwimmverband DSV zum Beispiel erzielte schon fast sensationell heterogene Einzelplatzierungen und hat in seinen Einzeldisziplinen das Freiwasserschwimmen der Männer als insgesamt erfolgreichste Disziplin der ganzen Analyse auf Platz 1 und belegt zugleich mit dem Synchronschwimmen der Frauen den letzten Platz. Der DRV ist da zwar homogener und enger zusammen, dümpelt dafür aber komplett im unteren Drittel herum – das Riemenrudern der Frauen einmal ausgenommen, welches an Platz 93 von 103 liegt. „Auffällig ist, dass Verbände mit schwächeren PotAS-Gesamtwerten sowohl in den Erfolgsattributen als auch in ihren Strukturen Defizite aufweisen“, heißt es dazu in der Pressemitteilung der PotAS-Kommission, und genau so ein auffälliger Verband ist der Deutsche Ruderverband.         

Michael Hein

 

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