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Silber für Osborne Rommelmann - Achter gut, alles gut?

Heute gab es bei zunächst sehr guten, dann zunehmend schwierigen, aber nicht riskanten Verhältnissen, zwei Rennen mit deutscher Beteiligung. Der leichte Männer-Doppelzweier, die zweite von vier Gold-Chancen der deutschen Ruderer, nach dem leider gestrauchelten Frauen-Doppelvierer gestern. Und, Oliver Zeidler mit der dritten Gold-Chance im Halbfinale der Männer-Einer. Am Freitag kommt dann noch der Männer-Achter.

Finale A leichter Männer-Doppelzweier

Der große Show-down war genau das. Würdiger kann eine Olympiade von 4, in diesem Fall, 5 Jahren nicht in einem Finale kulminieren. Das Norwegen als Top 4 Boote der Saison daran nicht teilnehmen konnte, weil sie erst schwächeren und dann auch noch kenterten, liefert durch ihr geradezu theatralisches Scheitern noch eine Spur Oper zum Rennen der Leichtgewichte. Ein hochklassiges Feld und Favoriten, die nahe an den Weltbestzeiten rudern, bereiteten die Bühne. Dazu kamen schnelle Bedingungen, ein Schiebewind der günstig einfällt und Wellen, die zwar sehr gefährlich, aber beherrschbar waren. Über die olympische Regatta, über Vorlauf und Halbfinale, hatte es sich herausgestellt, dass die Goldmedaille unterscheidbar knapp zwischen Irland und Deutschland ausgefahren wird. Die Besten von 2020 und amtierenden Vize-Weltmeister aus Italien hatten sich nicht mehr so steigern können wie Jason Osborn und Jonathan Rommelmann. Sie waren ihnen im Vorlauf und den Iren im Halbfinale unterlegen. Das große Duell der Gold-Favoriten aus Irland und Deutschland lief perfekt ab, beide konnten ihre Stärken voll ausspielen, beide hatten sich hervorragend vorbereitet und taktisch eingestellt. Vom Start weg führen die Deutschen, kontrollieren das Rennen, blicken zurück auf die verfolgenden Iren. Die ersten 1.000m laufen wie erwartet. Beide Boote lösen sich mit überlegener Streckengeschwindigkeit vom Feld, meistern Welle und Schiebewind, fahren nahe an der Weltbestzeit über die ersten Hälfte. Italien führt das Feld der Verfolger an. Dann, wie erwartet, erhöhen die Iren die Schlagzahl und den Druck, greifen an, und die Deutschen parieren das und werden ebenfalls schneller. Die Iren erhöhen weiterhin die Geschwindigkeit drücken, kommen ran, sind kurz vor 1.500m gleichauf, schlagen etwas höher, sind etwas behänder. Und dann legen sie sehr früh noch einen drauf, steigern über Schlagzahl 41, auf 42, vier Schläge höher als die Deutschen, 300m vor dem Ziel. 250m vor dem Ziel gehen sie auf SF 45 und die Deutschen reagieren erst mit mehr Druck, halten die Stellung und gehen 200m vor dem Ziel auf SF40, liegen aber einen Bugkasten zurück. Die Iren legen sogar noch drauf, gehen auf SF 46, sie fliegen. Die Antwort muss jetzt kommen, der nächste Gang, der Sprint, wie auf den ersten 50m, wo die Deutschen die absolut höchste Bootsgeschwindigkeit dieses Finales hatten… sie finden den Gang nicht. Mit 0,86 Sekunden Rückstand, ein bisschen mehr als ein Bugkasten, holen sie die Silbermedaille. Die erste Medaille für die deutschen Ruderer und hinter einem besonders würdigen Olympiasieger. Dieses Finale hatte höchste Klasse, große Spannung, viel Drama, eine goldene Challenge und, wie es sich gehört für eine Oper, einen grandiosen Sieger.

Sillber für den Leichten Männer-Doppelzweier mit Jason Osborne und Jonathan Rommelmann (Bug) hinter Irland. Bild: D. Seyb

Halbfinale Männer-Einer

Es war das befürchtete worst case scenario… heiß-schwül, ein starker, seitlicher Schiebewind, der mehr stört als hilft und ein welliges, unruhiges Wasser, das schwer zu meistern ist. Zum Glück waren die Wellen flacher als gestern in der zweiten Hälfte des Renntages, große Krebse waren nicht die Hauptgefahr. Was aber bei den Bedingungen besonders schwer ist, ist die Kunst, die erhöhte Leichtigkeit, die durch den Schieber da ist, auch mit einer entsprechenden schnellen körperlichen Koordination zu beantworten und dass, während das Boot sehr instabil ist und ein hackeligen Lauf hat. Sobald man den schnellen Endzug mit weniger Abdrucksgefühl ausgezogen hat und die Blätter weg nimmt, kann es wackeln, die Blätter Titschen, bremsen den Lauf ein wenig und man verspannt leicht auf dem wackeligen Weg zur nächsten Auslage. Das wirkt auf Dauer zermürbend und je weniger man dabei entspannen kann, desto mehr Kraft kostet es. Behändigkeit ist gefragt, technische Exzellenz, traumhaft sichere Balance und eine Leichtigkeit und Schnelligkeit in der Durchzugsbewegung.

Dies ist so ungefähr wahrscheinlich das, was Oliver Zeidler auf dem Weg zu Olympia geübt hat und was er bei dem ebenso welligen Weltcup in Sabaudia so hervorragend besser gemacht hat im Vergleich zu letztem Jahr. Dort war er gleichauf mit den beiden anderen Goldmedaillen Kandidaten, nur Zehntel dahinter. Doch heute bei Olympia mit der Last der Favoritenrolle und vielleicht noch schwierigeren Bedingungen aufgrund des starken Schiebewindes, ist er an seine Grenzen gekommen. Die noch gut ruderbaren ersten 500m hat er vorne, knapp zweiter perfekt gemeistert. Nur der Grieche, Stefanos Ntouskos, war noch mutiger, frequenter, entschlossener losgefahren. Sein großer Konkurrent Sverri Nielsen aus Dänemark lag eine gute Länge hinter ihm. Alles im Griff. An dieser Stelle fährt Oliver Zeidler seine beste Waffe aus, seinen Streckenschlag. Mit dem fährt er Länge um Länge raus, so dass er sich auf einen Sprint am Ende, kurz und knackig, gut vorbereiten kann, sollte ihn die Konkurrenz dort nochmal angreifen. Leider passierte genau das nicht, denn in den wackligen, widerstandsärmeren, schnellen Bedingungen, funktionierte sein Streckenschlag nicht. Wie man es perfekt macht, zeigte nun immer weiter entfernt der Grieche. Behände, unermüdlich und fehlerlos surfte er geradezu im Schiebewind davon, gewann souverän das Halbfinale. Stefanos Ntouskos erreichte bis auf Zehntel die olympische Bestzeit und auch die Weltbestzeit für den Leichtgewichtseiner. Das ist deswegen interessant, weil er in Rio 2016 noch im leichten Riemenvierer den 6. Platz gemacht hatte. Danach wechselte er mal wieder von Riemen auf Skull, wurde erst U23 Vize-Weltmeister und fuhr dieses Jahr bei der Europameisterschaft nur 1,5 Längen hinter dem siegreichen Oliver Zeidler auf Platz 4 ein, danach gewann er überlegen die Olympiaqualifikation vor dem Russen, Alexander Vyazovkin, der sich wiederum durch eine fulminante Leistung gerade auch im Endspurt den zweiten Qualifikationsplatz sichern konnte. Genau diese zweite Hälfte und sein Endspurt waren es, die Oliver Zeidler’s Chancen zunichte machten. Als er auf der Strecke sich nicht lösen konnte von dem Russen und der Däne an ihm vorbei fuhr, war klar, es kommt auf den Endspurt an. Zu spät und zu harmlos begann er den Endspurt, da war der Russe schon gleich auf mit deutlich höherer Schlagzahl, da waren der Grieche und der Däne schon sicher vor ihm und dann kam er im schwierigsten Bereich der Ruderstrecke, 100m vor dem Ziel, nicht mehr hoch mit der Schlagzahl, konnte das Boot in dem schnellen Wind nicht mehr schneller bewegen und schied als Vierter seines Halbfinales aus. Schade, schade, schade. Alles richtig gemacht, aber die eine Schwachstelle war noch nicht hinreichend gedeckt.

Oliver Zeidler verpasste das A-Finale. Bild: D. Seyb

Finale B Männer-Einer

Was soll man machen, man kann nur antreten und nochmal ein gutes Rennen hinlegen, leider schon um 02:15 Uhr im Finale B. Die Bedingungen sollen sehr gut werden, so hätte es hier viel besser ausgehen können. Hätte, hätte. In drei Jahren ist schon das nächste olympisches Finale. Es ist zu hoffen, dass Oliver Zeidler sich das nicht entgehen lässt. Die Gegner sind ihm alle aus dem Vorlauf und Viertelfinale bekannt, Italien und Ungarn dürften vorne mitfahren, ggf. auch der Kanadier, der sehr schnell war bevor auch er im Halbfinale an den schwierigen Bedingungen scheiterte.

Finale Männer-Achter

Der Deutschlandachter ist wieder in dieser goldenen Situation. Sie können Gold gewinnen. Aber, es ist nicht voraus zu setzen. Wenn Sie sich noch einmal steigern können, mutig und mit Fortune ins Rennen starten, wie sie es in London 2012 getan haben und auch in Rio 2016 wo sie den klaren Favoriten GBR bis auf wenige Zehntel eingeholt hatten…. oder die drei WM Titel in Serie 2017, 2018, 2019 und die EM 2020. Jedes Mal standen sie unter Druck, wurde ein kleines Wunder erwartet, erhofft und sie haben jedes Mal geliefert.

Nach dem Vorlaufsieg gegen USA, Rumänien und Australien waren sie nicht zufrieden. Verschiedene Aspekte hatten nicht gut funktioniert, auch, wenn man am Ende mit Bestzeit gewann.

Holland sah im anderen Vorlauf vielleicht sogar noch etwas besser aus. 2018 waren sie schon einmal auf Zehntel and den deutschen Achter rangefahren, knapp Vize-Weltmeister geworden. Die Holländer haben ebenfalls diesen ununterdrückbaren Streckenschlag und eine beeindruckende, satte vordere Umkehr. Wenn das Boot sich hebt, sind sie drin, am Druck.

Beide Achter rudern perfekt synchron und sehr sauber. Schwieriges Wasser trifft sie nicht so hart, wie vielleicht andere. Das Klima trifft alle Athleten, das ist sehr individuell. Der Schlagmann vom GBR Riemenvierer ist daran im Finale am Mittwoch gescheitert. Holland und Italien hatten Corona Fälle im Team. Holland musste daher in einem eigenen Bus zur Strecke fahren. Hoffentlich wird dieses tolle Finale davon nicht beeinträchtigt.

Beeindruckend, wieviel besser Neuseeland geworden ist, seit letztem Jahr, als sie als sechster die direkte Qualifikation für Olympia verpassten. Hamish Bond, der den besten Riemenzweier aller Zeiten fuhr und 2012 und 2016 Gold gewann, hat im Interview gesagt, dass er speziell für diese Herausforderung noch einmal angetreten ist. Vom maximalen Vortrieb im Zweier zum gemeinsamen rudern im Achter, das Mitmachen im Gemeinsamen, den gemeinsamen Stil gemeinsam herausbilden. So kontrolliert wie sie aufgetreten sind, liegt die Vermutung nahe, dass sie auch noch eine Reserve haben, eine wilde Seite. Vielleicht riskieren sie mehr auf den ersten 500m im Finale als bisher. Danach kamen sie mit ruhiger Arbeit immer stark auf, sind durch GBR einfach durchgerudert auch von USA weg. Oder, wie die meisten Boote aus NZL, sie drehen auf den letzten 500m noch einmal richtig auf, fliegen Richtung Ziellinie und überholen zur Not mit dem letzten Schlag. Sie sind der stärkste Herausforderer aus dem Hoffnungslauf.

Die Favoriten aus der Saison heraus, GBR, müssen noch einiges verändern. Das ist innerhalb einer Regatta nach zwei Rennen nicht sehr wahrscheinlich. Weder die Startgeschwindigkeit war gut genug, noch der Streckenschlag. Schade, dass sie wohl nicht ihre tolle Saisonform einbringen können in dieses Gran Finale.

USA dürfte auch in dieser Leistungsbreite liegen. Einzig Australien sieht nach einem klarem Verlierer aus. Aber wer weis, wie sie sich in dieser Regatta taktisch eingestellt haben. Das Potential für eine Überraschung haben die Mannschaften aus downunder typischerweise.

Das Finale aller Finale, das Abschlussrennen der Regatta, die schnellste Mannschaft der Welt wird einen würdigen Gewinner haben. Wenn es wieder so einen Schiebewind hat, wird auch die Weltbestzeit zum ersten Mal richtig purzeln, endlich einmal deutlich unter den uralten Goldstandard von 5:19min.

Hoffen wir, dass sich die große Tradition und die Erfahrung des Deutschlandachters und seines überragenden Steuermanns, Martin Sauer, auszahlen.

Achter gut, alles gut.

Michael Buchheit

 

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