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FISA-Präsident Rolland im Interview

„Es geht um den Fortbestand unseres Sports“

Jean-Christophe Rolland war einer der prominenten Besucher beim World Cup Finale in Luzern, wo er auch IOC-Präsident Thomas Bach traf. Bereits Anfang des Jahres hatte Rolland in einem Interview, das zuerst im Schweizer Ruderfachblatt „Rowing Swiss“ erschien, ausführlich zu aktuellen Themen, wie Leichtgewichtsrudern oder Coastal Rowing Stellung bezogen. 

Monsieur Rolland, wie sehen Sie Ihren Platz im IOC? Sind Sie ein Vertreter des Rudersports oder ein Fürsprecher für die Organisation als solche?

Meine Aufgabe im Ausschuss ist es, herauszufinden, wie der Rudersport zu den Herausforderungen des IOC und der Olympischen Spiele beitragen kann. Ein Beispiel: Vor einigen Jahren war es schwierig, Gastgeberstädte für die Ausrichtung Olympischer Spiele zu finden. Es gab, um es vorsichtig auszudrücken, ein gewisses Misstrauen in der öffentlichen Meinung gegenüber der Ausrichtung dieses Anlasses. Die Veranstaltung war als überteuert konnotiert und wurde als luxuriös wahrgenommen, die man mit Steuern finanzieren musste. Das IOC nahm sich dieses Themas an und entwickelte eine Strategie („Olympic Agenda“). In diesem Zusammenhang wurde eine Reihe an Empfehlungen ausgesprochen. Wie hält sich Rudern als olympische Sportart an diese Theorie? Ganz einfach! Wir müssen uns an die Zwänge eines Veranstalters anpassen, um dessen Belastung zu verringern.

FISA-Präsident Rolland und IOC-Präsident Bach (re.) trafen sich in Luzern. Foto: World Rowing/B. Tufnell

Seit diesem Richtungswechsel würde ich sagen, dass die Spiele wieder an Attraktivität gewonnen haben, da man sich heute darum reißt, Olympische Spiele zu bekommen. Es ist nicht mehr ein Lastenheft, in dem man alle Kästchen ankreuzen muss. Der ehemalige Bürgermeister der Stadt Los Angeles, Eric Garcetti, hat es so ausgedrückt: „Die Spiele sind eine Gelegenheit für eine Stadt oder ein Land, ein gesellschaftliches Projekt voranzutreiben“. Die Kritiker der Spiele werden immer wieder auf die Kosten und die Komplexität der Veranstaltung verweisen. Nehmen wir das Beispiel Paris: 95 Prozent der Infrastruktur ist vorhanden. Nichts wird nur für die Spiele gebaut. Es handelt sich um ein unglaubliches gesellschaftliches Projekt. Wenn man das einmal verstanden hat, sind wir als Sport bereit, uns anzupassen.

Die Leichtgewichtsklasse wird nach den Spielen in Paris verschwinden. Wie beurteilen Sie diese Kategorie?

Sie war zufriedenstellend, weil sie es dem Rudersport ermöglichte, sich in Ländern zu entwickeln, in denen er vorher nicht vertreten war. Nun haben uns die Analysen des IOS damit konfrontiert, dass diese Kategorien dem Nicht-Insider-Publikum nichts gebracht haben. Nach dieser Beurteilung war der Gewichtsfaktor umso unverständlicher, als wir kein Kontaktsport sind. Außerdem gibt es nur unbedeutende Laufzeiten-Unterschiede zwischen den Vierern ohne der beiden Kategorien.

Glauben Sie, dass die Kategorie heute keinen Sinn mehr macht?

Im Nachhinein sehe ich nicht ein, warum das Gewicht eine Rolle spielt, um zwischen zwei Kategorien zu unterscheiden. Rudern ist ein Geschwindigkeitssport, bei dem der Schnellste gewinnt. Warum haben sie das Gewicht und nicht zum Beispiel die Größe angegeben? Die Körpergröße wäre vielleicht sinnvoller gewesen, da die Hebelarme unterschiedlich gewesen wären. Sie ist viel relevanter als das Gewicht. Denn das Gewicht an sich muss in unserem Sport nicht zwingend eine Rolle spielen.

Ich habe jahrelang gegen das britische Paar Redgrave/Pinsent gerudert, die im Schnitt 110 Kilogramm im Boot hatten, während ich und mein Teamkollege im Schnitt 90 Kilogramm auf die Waage brachten. Nie zuvor hatten wir uns vor einem Start die Gewichtsfrage gestellt. Sie hatten einfach 20 Kilogramm mehr zu ziehen. Rudern ist kein reiner Kraftsport. Die Kraft muss an die Geschwindigkeit angepasst werden. Diese Anpassung erfolgt durch Technik und Energieübertragung. Das ist für Leichtgewichte schwer zu verstehen, aber für mich ist das Gewicht nicht ausschlaggebend für die Geschwindigkeit, mit der ein Boot fährt.

Gespr: Lucien Ferreno (Übersetzung: Jürg Trittibach)

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