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Bumms, knacks, Boot kaputt – wer zahlt?

Teil 1 - die Rechtslage

Es gibt 1001 Varianten: Ein Ruderer tritt durch Unachtsamkeit ein Loch ins dünne Holzboot oder eine Mannschaft verursacht im Vierer fahrlässig einen Unfall. Wer hat Schuld? Und fast noch wichtiger? Wer muss zahlen? DRV-Justiziar Stefan Felsner zu den rechtlichen Folgen von Bootsschäden und anderen Missgeschicken in Ruderclubs.

Herr Felsner, gibt es eine allgemeine Richtschnur, wie man in Verein mit Boots- und anderen Schäden umzugehen hat?

Grundsätzlich gilt das Verursacherprinzip, das heißt, derjenige, der einen Schaden verursacht, haftet auch dafür. Aber dann kommen schon die Wenns und Abers. Ein Verein wird grundsätzlich aus allen wirksamen Rechtsgeschäften seiner Vertreter verpflichtet. Dies führt zu einer sogenannten Erfüllungshaftung               

Diese Haftung bezieht sich nur auf den Vorstand, nicht auf sämtliche Mitglieder?

Dies betrifft in erster Linie Handlungen des Vorstands, eines Mitglieds des Vorstands oder eines satzungsgemäß berufenen Vertreters, die diese in Ausübung ihrer Tätigkeit für den Verein vorgenommen haben.

Häufiger ist ja der Fall, dass ein ordentliches Mitglied einen Bootsschaden durch Unachtsamkeit verursacht. Da passt jemand nicht auf und rumms ist ein Loch im Boot – oder schlimmer noch, es wird bei einem Zusammenstoß auch noch ein fremdes Boot beschädigt.

Beim Schaden am eigenen Boot wird das Vereinseigentum geschädigt, beim Schaden am fremden Boot wird ein Dritter geschädigt, dessen Schaden natürlich auch ersetzt werden muss. Zuvor muss allerdings geklärt werden, wer überhaupt Schuld an dem Zusammenstoß hat. Hier kann es eine alleinige Schuld des Verursachers geben oder auch eine Mitschuld des anderen Unfallbeteiligten, wenn zum Beispiel beide Boote zu mittig in einem Kanals fahren. Nach dem Anteil der Schuld richtet sich dann die prozentuale Höhe der Haftung. Fährt dagegen jemand das Loch ganz alleine ins Boot, weil ich auf einen Stein aufsetze, liegt die Schuld zu 100 Prozent beim Verursacher.

Manch einer beruft sich gern darauf, dass es sich doch um ein Vereinsboot handelt…

…rechtlich gesehen handelt es sich bei der Bootsbenutzung um eine Ausleihe im Rahmen des Mitgliedschaftsverhältnisses – und bei Leihgeschäften haftet man für schuldhaft verursachte Schäden.

Welche Rolle spielt dabei die Fahrlässigkeit? Kann man sich mit dem Hinweis: „Es war doch keine Absicht“ oder „Ich konnte da nichts für“ aus der Haftung herausnehmen?

Ob ein Schaden vorsätzlich, grob fahrlässig oder einfach nur fahrlässig, bewusst oder unbewusst verursacht wurde, ist für den Grad des Verschuldens erheblich und für die dahinter stehende Haftpflichtversicherung. Die Frage der Verursachung bleibt unberührt. Ob ich ein Boot mit voller Absicht ramme, ob ich es vielleicht aus Unachtsamkeit übersehen habe oder ob ich es aus bestimmten Gründen einfach nicht sehen konnte, ist für die Entstehung des Schadens egal. Der ist davon unabhängig eingetreten. Die Versicherung allerdings wird sich bei Vorsatz und zum Teil auch bei grober Fahrlässigkeit aus der Haftung befreien.

Viele wollen gern den Verein in Haftung nehmen. Zu Recht?

Der Verein haftet wie bereits erwähnt nur im fest definierten Umfang, zum Beispiel bei Organisationsverschulden wie bei Vereinsfeiern oder anderen Veranstaltungen, wenn damit verbundene Schäden fahrlässig verursacht werden. Der Verein kann aber gegenüber Dritten auch für Schäden haften, die durch sein Vereinseigentum verursacht worden sind, also beim Unfallgegner, aber nicht für die eigenen Schäden. Für diese Konstellation haben Vereine oft in Satzung oder Ruderordnung niedergeschrieben, dass er solche Schäden nicht übernimmt. Es haftet letztlich wieder der Verantwortliche Verursacher.

Wie stellt sich der Fall dar, wenn mehrere Ruderer im Boot sitzen? Haftet dann der Steuermann, wenn es ihn gibt, der Bugmann, der Obmann oder die ganze Mannschaft?

Nach der Schifffahrtstraßenverordnung muss in jedem Boot vor der Fahrt ein Obmann benannt sein, der für das Boot verantwortlich ist und letztlich auch haftet. Der Obmann kann aber bei Fehlverhalten der Mannschaft diese Haftung weitergeben, wenn zum Beispiel der Steuermann sich versteuert oder der Bugmann sich im ungesteuerten Boot nicht umgedreht hat, die Vorfahrt missachtet und dadurch einen Schaden verursacht. Auch hier wird die Haftungsfrage über eine mögliche Teilschuld der anderen Ruderer zu klären sein. Im Einzelfall kann das dann sehr unterschiedlich ausgehen.

Wie sieht es mit Schäden außerhalb des Wassers aus? Wenn ich etwa beim Hinaustragen eines Bootes einen Schaden verursache, wenn es mir zum Beispiel aus der Hand fällt?

Die Haftungsfrage bleibt immer die gleiche, aber versicherungstechnisch gibt es hier Unterschiede. Wenn jemand im Bootshaus nicht aufpasst, stolpert und dabei ein Boot aus dem Regal reißt, dann haftet dafür die private Haftpflichtversicherung, sofern derjenige eine hat. Trage ich das Boot aber aus dem Bootshaus für seinen bestimmungsmäßigen Gebrauch, nämlich es zu rudern, und es fällt mir dabei hin, dann haftet die private Haftpflicht in der Regel nicht. Juristisch liegt der Unterschied darin, ob ich als Privatperson einen Dritten schädige, nämlich dem Verein – dann tritt die private Haftpflicht ein. Oder ob ich als Mitglied den Bootsschaden bei der regulären Ausübung meines Sports verursache – dann tritt die private Haftpflicht im Rahmen dieser Ausübung des Mitgliedschaftsverhältnisses nicht in ein.

Als Nicht-Vereinsmitglied wäre ich also abgesichert, als Vereinsmitglied dagegen nicht. Ist das nicht Blödsinn?

Das ist zumindest In den meisten Fällen die Rechtslage. Die bestimmungsgemäße Ausübung Sportausübung in einem Sportverein ist nicht durch die private Haftpflichtversicherung gedeckt.

Gibt es einen Rat vom Juristen, wie man mit all diesen Fällen umgeht? Wo ist das gesunde Maß zwischen einem „Der Verursacher muss alles zahlen“ und „Der Verein zahlt am Ende alles“?

Alles dem Verein aufzulasten, fördert eine Vollkasko-Mentalität unter den Mitgliedern, bei der am Ende niemand mehr Obacht gibt auf die Boote und das Vereinsvermögen. Alles dem Mitglied aufzubürden, ist auch kein guter Umgang unter Vereinsmitgliedern. Sicherlich macht es erst einmal Sinn zu klären, wie hoch der Grad des Verschuldens ist, ob ein Schaden grob oder leicht fahrlässig verursacht wurde und was überhaupt dazu geführt hat. Meist sind doch mehrere beteiligt, weil nicht immer richtig informiert wurde oder nicht richtig ausgebildet. Am Ende wird man immer versuchen, den Schaden aufzuteilen – zwischen der Schadensbeteiligten, zwischen der betroffenen Mannschaft oder eben auch im Verein. Viele Vereine legen Selbstbeteiligungen der Mitglieder fest oder eine Haftungsgrenze in ihren Ruderordnungen. Es muss ein Ausgleich gefunden werden, der niemanden übervorteilt und den Vereinsfrieden erhält.

Das Interview führte Thomas Kosinski

 

Fazit: Der fremde Schaden, den ich verursache, ist in der Regel durch meine Haftplicht gedeckt, der eigene Schaden am Vereinsboot dagegen nicht. Welche Möglichkeiten es für die Fälle gibt, klären wir im zweiten Teil mit einem Fachmann für Versicherungsrecht in der nächsten Ausgabe von rudersport.